Archiv für den Monat: April 2015

3. Auelswinkel und Hillefeld…Wie kam es zu den Ausgrabungsorten?

 

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Hillefeld, Scheidingen

Zugegeben, meine Andeutung am Ende des 2. Kapitels und eine wage Standorteingrenzung um Stemmerk herum waren bisher die Anhaltspunkte für mögliche Ausgrabungen. Das war natürlich noch zu wenig. Im Rahmen meines letzten Forschungsprojektes zum Salzbach hatte ich öfters am Salzbachufer um Stemmerk zu tun und noch in Erinnerung, dass Steinhügel auf einer der Pachtflächen eines alteingesessenen Einheimischen namens Bernd Vickermann lagen. 
Nur wenige Tage, nachdem ich von der Tauschurkunde aus dem Jahre 1348 erfahren hatte, stand ich nun mit der Frage nach der Herkunft dieser Steine vor diesen Steinaufschüttungen. Ich musste mir schon eingestehen, dass man aus der bloßen Existenz von Steinrestehalden ohne intensive Materialprüfung keine großartigen Erkenntnisse ziehen konnte. Der Landwirt Vickermann gesellte sich nun genau in diese Situation zu mir und lieferte auf Nachfrage Informationen, die das weitere Vorgehen im Projekt maßgeblich bestimmen sollten:

  • Wir standen zwar vor den Steinaufschüttungen, aber auf dem “Königskamp”, einem Königshofland. Das war eine Bezeichnung, die unbekannt war, da offenbar nirgends gelistet.
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Karte vom Königskamp von Bernd Vickermann

Hier korrigierte mich der Landwirt.

In seinem Privatbesitz gab es noch eine Katasterkarte aus der Wilhelminischen Ära mit dieser Bezeichnung, die er mir dann später auch freundlicherweise zur Verfügung stellte.[1]

 Bernd Vickermann berichtete, dass er in all den Jahrzehnten auf dem benachbarten Hillefeld beim Umpflügen seine liebe Mühe mit “diesen Gesteinsbrocken” hatte und auf dem Königskamp zentral lagerte.

  • Wie konnte und musste ich nun mit diesen Informationen umgehen? Schon zu Beginn meines Projektes war mir klar, dass Ausgrabungen aus organisatorischen und zeitlichen Gründen nur punktuell in der Scheidinger Flur möglich waren. Ich konnte nur mit den Informationen arbeiten, die mir zur Verfügung standen, und ich musste mit diesen Informationen zielführend und ökonomisch umgehen…eine Herausforderung bei der Sachlage. Wenn die Königsackerbezeichnung rechtmäßig war, konnten an den anliegenden Grundstücken Überreste erwartet werden. Der offenbar in Vergessenheit geratene Königskamp “drohte” allerdings einen neuen Blickwinkel zu öffnen, da ein Königskamp problemfrei in die Versorgungseinrichtung eines Königs einzuordnen war, und damit ging es in das Wanderkönigtum und die Pfalzeinrichtungen der Ottonenzeit, die weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung Scheidingens von 1233 lagen.[2] Das war natürlich kein Hindernis, aber natürlich auch eine Zeit, in der nach aktueller Quellenlage wenig Erkenntnisse und Rückschlüsse zulässig waren.

Gab es eine Pfalz oder die Pfalz in Scheidingen für die sächsischen Könige? Die Frage ist nicht abwegig. Schon zu Zeiten Karls des Großen wurden am Hellweg Königshöfe errichtet.[3] Werl war civitas regia, und Heinrich I weilte oft auf der curtis regia des Werler Grafen.[4] Interpretationsreich ist mit “…Sie [die entsprechende Vöhde] liegt nördlich vom Hellwege bei Werlaha…”[5] die Lage von den Unterkünften des Königs. Kann man Franz von Papen Glauben schenken, dann lagen diese Wiesen bei “Haus Köningen” und Heinrich der Sachse erhielt dort das Angebot zur Die Karte vom Landwirt Vickermann brachte mich auf die Idee, dass das alte Kartenmaterial neue Sichtweisen hervorrufen konnte. Ich musste den Gang zum Katasteramt in das nahe gelegene Soest wagen und suchen. Ich möchte nicht verleugnen, dass mit der Könighoflandbezeichnung sofort bei mir die Verbindung zum Schloss eintrat. Der König wohnte in einem Schloss, und das Schloss hatte einen Schlossacker für unterschiedliche Nutzungen. Insgeheim hatte ich die Hoffnung mit dem Hillefeld einen Platz gefunden zu haben für mein Schloss (Königskampindiz) und das Steinwerk (Indiz über Tauschurkunde von 1348).

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Aulfeld

Das Auelfeld war keine wahllose Ergänzungslösung, sondern hatte mit Preising und zwei Einheimischen zu tun. Preising setzte eine auffallende Nähe zwischen Burg (also Schloss?) und dem Haus Auel, bei dem bis heute Restfundamente erhalten sind. Auf der bei Preising abgebildeten Urkatasterkarte hebt sich Rittergut Haus Auel schon bautechnisch von anderen Gebäuden ab. Konnte man diese Urkatasterkarte überhaupt in die weiteren Untersuchungen einbauen?

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Urkatasterkarte von den drei Rittergütern

Ja, denn eine Kopie der Urkatasterkarte wurde von mir unter Verwendung von Google Maps auf eine Flurkarte Scheidingens aus heutiger Zeit gesetzt und die geographische Passung abgeglichen. Die Karte war kein Fehlgriff. Landwirt Vickermann, der auch auf dem Auelswinkel (einem Teil von Auelfeld) eine Pacht unterhält, erzählte mir von einem Teich (Schlossteich?) in diesem Teil des Auelfeldes, in dem er noch als Kind die ein oder andere Ente erlegte. In den letzten Jahrzehnten verlor aber dieses Gebiet durch Abtragungen und teils meterdicken Aufschüttungen die ursprüngliche Beschaffenheit im Relief…abgesehen von trockengelegten Resten eines alten Wassergrabens. Unverhältnismäßige Tiefenbohrungen waren kein Thema für mich, aber die Aussagen von Vickermann verdeutlichten vielmehr das bauliche Ausmaß vom Rittergut Auel

( “…, Burg, Haus und Hof zu Scheidingen samt dem Auelhof…”)

Auf einer Anhöhe des Auelswinkels hatte ich mir noch abschließend einen Gesamtüberblick zum Auelfeld verschafft, als ein weiterer Alteingesessener namens Ernst Brieske zu mir kam und aufzeigte, dass das Hausgut Auel durch die Lage zum Salzbach mit Überschwemmungen und grundsätzlicher Feuchte zu kämpfen hatte und daher eher auf leichteren Anhöhen größerer Umbau/Zubau sinnvoll war.

Wie treffend lag doch Brieske, denn Auel stammte ja ursprünglich von Ohl, der nassen und feuchten Senke…hier war ja offensichtlich auch der (Schloss-) Teich. Im unteren Teil des Auelswinkels brauchte ich nicht zu suchen, und im oberen Teil standen Brieske und ich. Er hatte dann in seinen Kindheitserinnerungen auch noch Steinreste(-Schutthalden) vor den Augen auf diesem Wiesenstück, das zumindest nicht durch künstliche Abtragungen/Aufschüttungen bekannt war. Der Scheidinger Meinolf Volke bestätigte diese Aussagen. Es gab schon auffällige Parallelen zum Hillefeld als Kandidaten für einen Ausgrabungsort. Demnach war auch hier ein Blick in das Katasteramt sinnvoll, um vielleicht mit alten Kartenbezeichnungen Bestätigungen/neue Ansätze zum Aufsuchen von Überresten zu erhalten. Vorweg, die Kontaktaufnahme und die Terminvereinbarung vor Ort zum Kartenstudium waren in Soest so problemfrei wie der Umgang mit den teilweise digitalisierten Karten. Leider war es mir nicht gelungen mit neuen Informationen die Standorteingrenzung zu verbessern. Das war schon eine kleine Enttäuschung gewesen, aber die Ausgangslage hatte ich zu akzeptieren. Die Zeit für die Ausgrabungen war gekommen.

…Fortsetzung folgt…


[1]Vgl. hierzu die Flurkarte im Privatbesitz des Scheidinger Bernd Vickermann.

[2]Vgl. hierzu Anmerkung 14, S. 27 und zur Pfalzthematik Seibertz, Johann, Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westfalen Nr. 1 Band 3, Arnsberg 1846, S. 171 oder unter Königskamp die Informationen unter http://books.google.de/books?hl = de&id = PyWaAAAAIAAJ&focus = searchwithinvolume&q = k%C3%B6nigskamp.

[3]Vgl. hierzu Thoss, Alfred, Heinrich I, Der Gründer des Deutschen Volksreiches, Berlin 1943, S. 20.

[4]Vgl. hierzu Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, Band 21, 1861, S. 222.

[5]Vgl. hierzu Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Bände 11-12, Dortmund 1902, S. 237. Hinweis: Werlaha kann sich auch auf die bei Goslar gelegene Pfalz beziehen (http://books.google.de/books?id = DdryEAY_WUYC&pg = PR5&lpg = PR5&dq = werlaha&source = bl&ots =t JQNitN-Vr&sig = p5zdI6QqicPEPA4wGRoANnFxhco&hl = de&sa = X&ei = DrXKUtWfD4nS4QSoyYCACQ&ved = 0CEEQ6AEwAw#v = onepage&q = werlaha&f = false).

2. Das Steinwerk…Ein Gebäude oder eine Hofanlage?

Hatte ich noch das Schloss fast überlesen, so blieb ich doch beim “Steinwerk” auf der gleichen Seite von Rudolf Preising sofort stehen.

Dieser Begriff war mir völlig unbekannt. Offenbar hatte es ja irgendetwas mit dem Schloss zu tun, da in der Lehensbekundung von 1411 auch Renovierungsarbeiten geregelt wurden, und das Steinwerk wurde eben als Teil dieser Schlossanlage genannt.

Die ersten Informationen zum Steinwerk besorgte ich mir über die Internetrecherche. Das Verbreitungsgebiet und die Funktionsweise dieser Kemnaten passten wunderbar zu meiner Quelle von 1411.

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Kemnate

                  Steinwerk_dielinger_schnitt

Ostwestfalen kannte diese Profanarchitektur seit dem Spätmittelalter, und diese im Grundriss häufig rechteckig angelegten Steinbauten wurden sicherlich als Zufluchtsort für den Adel genutzt.[1]

Das Hauptthema zwischen Freseken und dem Erzbischof war ja gerade die Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit dieser Anlage ( “…in Fehden und allen sonstigen Bedarfsfällen auf eigene Kosten des Schlosses ungehindert bedienen.” ). Ich hatte übrigens in der Urkunde von 1397 das Steinwerk ebenfalls mit “…to dem Steynwerk syn wyff…” nachgelesen. Wenn man so will, kann man durchaus diese Verkaufsurkunde als Argument für die Querverbindung von Burg und Schloss nehmen, da Freseken ja 1397 eine Burg gekauft hatte ( und 1405 veräußerte an Saarwerden), die der Erzbischof 1411 als Schloss belehnte. Es gibt aber noch einiges mehr an Informationen und Sichtweisen zu diesem “Steinwerk” zu berichten. Rudolf Preising gab hier wieder den Einstieg in die Motivation, die beim Weiterlesen seiner Heimatkundeschrift auftauchte. Worum ging es also?

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Hof Stemmerk

Preising grenzte das Steinwerk vom Hof Stemmerk ab, der heute noch in der Gemarkung Flerke existiert. Das war für mich zunächst einmal kommentarlos ( und gedankenlos ) hinzunehmen, aber gegen Ende seiner Heimatexkursion legte dann Preising eine Verbindung von Schulte-Stemmerk zum “Stenwerk”, einen verwandten Begriff zum Steinwerk. Die Abgrenzung und gleichzeitige Verbindung waren ein Widerspruch…einen Erklärungsansatz versuchte ich in den Urkunden zu finden. Preising selbst ging nie auf die Geschichte von Schulte-Stemmerk ein, aber als Ergebnis der Internetrecherche konnte ich eine Urkunde aus dem Jahre 1316 ermitteln, bei der der Hof Stemmerk  aus der Dreiteilung einer größeren Hofanlage namens Steinwerk hervorging.[2]

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1316 Schwesternhaus Ahlen Nr. 1

Otto Graf von Thekeneburg übergibt dem Ritter Engelbert von Herborne den dritten Teil des Hauses Steveninck, im Kirchspiel Welver gelegen, welches von ihm und seinen Vorfahren zu Lehen gegangen war. Wogegen Letzterer ihm das Eigentum des Hauses Vrylwick, im Kirchspiel Hesnen gelegen, überträgt, welches Haus ebenfalls von ihm und seinen Erben zu Lehen gehen werde.

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1393 Urkunde Kloster Oelinghausen Nr. 468

Indizien für die “Hofanlage Steinwerk” ergaben sich aus der Buchrecherche und aus den Urkunden des Klosters Oelinghausen für die Jahre 1308, 1393, 1402 und 1421, in denen mit “Haupthof Steinwerk”, “Hof zum Steinwerke (Sten-) mit Gericht und Herrlichkeit” oder “mit der Herrschaft der Höfe zu Flerke” schon Umschreibungen für eine größere Hofanlage zu finden sind.

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1402 Urkunde Kloster Oelinghausen Nr. 488

Gut möglich, dass es hier bei Preising durch Nichtbeachtung der Dreiteilung zu Beginn des 14. Jahrhunderts zu Namensgleichheiten für eigentlich separate Anlagen  kam. Als These muss man dann natürlich auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Steinwerkbegriff aus der Schlossbetrachtung durchaus seinen Ursprung in der Dreiteilung von 1316 haben könnte und die Burg Scheidingen, die Anton von Scheidingen 1397 an Freseken verkaufte, ein Teil vom “Gesamtkomplex Steinwerk” demnach hätte bilden können.  Ich konnte hierfür keine Belege finden…für den Aufbau meiner eigenen Arbeit war das aber nicht hinderlich.

Insgesamt stand die Urkundenlage beim Steinwerkbegriff günstiger, da zahlreicher. In einer Tauschurkunde von 1348 gab es mit “ …bi der stayt to Werle tuyschen Werle unde dem steynwarcke…”[4] nicht nur eine weitere Schreibweise vorgesetzt, sondern indirekt auch eine mögliche Standorteingrenzung eben für das Steinwerk als Anlage oder einzelnes Gebäude.

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Urkunde mit der Erwähnung des Steinwerks / Steynwarcke

Der Hofflerke als Tauschobjekt lag zwischen Werl und eben diesem “steynwarcke“, dem Steinwerk. Dieser Hof existiert wie Stemmerk aber heute noch…im Umfeld von Stemmerk konnte ich ansetzen zur Suche nach Überresten.

…Fortsetzung folgt…


[1]Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Steinwerk.

„Steinwerk dielinger schnitt“ von Dietmar Walberg – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 2.5 über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Steinwerk_dielinger_schnitt.png#/media/File:Steinwerk_dielinger_schnitt.png

[2]Vgl. hierzu http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr = 1&klassId = 1&id = 0487.

[3]Vgl. hierzu Koske, Marga, Das Bördekataster von 1685, Soest 1960, S. 168 und  http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr = 1&klassId = 8&tektId = 104&id = 0585&bestexpandId = 103.

[4]Vgl. hierzu http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr = 1&tektId = 104&id = 0585&klassId = 5&seite = 1.

1. Verborgenes und Unentdecktes… Auf der Suche nach alten Gebäuden in der Scheidinger Flur

Oft können sich über Generationen hinweg ganze Akten- und Bücherberge zur Heimatkunde in einer Familie auftürmen aus Interesse und Sammelleidenschaft. Wenn man sich aus Neugierde für den eigenen Familienstammbaum interessiert, dann ist das natürlich auch immer mit der Geschichte von Haus, Hof und Ort verbunden…und damit fing alles an.

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Kartographie

 Irgendwann beschäftigt man sich eben auch selbst mit den zahlreichen Aktenordnern und Büchern zur Geschichte meines Heimatdorfes, die auf dem Schreibtisch und in Bücherregalen im Haushalt liegen. Wer zum Beispiel Preising liest, der liest Scheidingen auf der Zeitleiste. Der Heimatkundler Monsignore Rudolf Preising,  hatte vor einigen Jahrzehnten hier eine Dorfchronik zur Geschichte Scheidingens mit den wichtigsten Ereignissen und handelnden Personen veröffentlicht. Aus seinem Heimatwerk erfuhr ich unter anderem, dass Scheidingen urkundlich hatte Erwähnung gefunden bis in das Jahr 1233.

Ich konnte aber auch Fragen und Unklarheiten erfahren.

Was hatte es mit dem sogenannten “Steinwerk” auf sich? Hatte Scheidingen bis in das Spätmittelalter hinein wirklich ein richtiges Schloss?

Alteingesessene Scheidinger und auch Familienangehörige konnten mir zum Schloss überhaupt nicht weiterhelfen oder machten zum Steinwerk widersprüchliche Aussagen. Was nun? Das war für mich der Startpunkt zur Suche nach Lösungen.

Würden mir die entsprechenden Hinweise in den Urkunden mögliche Schlussfolgerungen oder Widersprüche aufzeigen für die in Vergessenheit geratenen Gebäude? Könnten Ausgrabungen zur Suche nach Gebäuderesten eine Hilfestellung bieten oder völlig Neues zum Vorschein bringen?

Eine Reise in die Vergangenheit kann nicht nur Fragen beantworten, sondern auch Fragen entstehen lassen. Das ist das Handwerkszeug von Archäologen und Historikern und zugleich eine Herausforderung, der ich mich stellen wollte. Die folgenden Aufzeichnungen zeigen dann auch die Methoden zur Suche nach Antworten zu Verborgenem oder Unentdecktem auf im Scheidinger Umland. Dabei war mir von Anfang an klar, dass es eine abschließende Antwort mit meinen Methoden und Möglichkeiten nicht geben würde.

Der Anlass war ein richtiges Ereignis…Ein Schloss in Scheidingen?

Beinahe hatte ich im Frühjahr 2013 bei Rudolf Preising das entscheidende Wort überlesen, aber wenige Zeilen später auf der entsprechenden Seite wiederholte sich das Wort, das die Motivation und den Einstieg in die Arbeit bedeutete: “…sein Schloß in Scheidingen als Lehen.”[1] Ich hatte noch nie von einem Schloss gehört. Die Nachfragen bei Verwandten oder Bekannten im Dorf blieben erfolglos. Das Thema war nicht bekannt. Bücher, Internet, Urkunden und alte Karten waren demnach einzig mein Einstieg in die Suche nach einem Schloss, um greifbare Informationen und Ansätze zur Existenz, zum Ausmaß und zu möglichen Standorten zu erhalten.

Schon in einem Buch von 1891 zur Werler Stadtgeschichte sprach man von einem Schloss im Zusammenhang mit einer Belehnung von 1411.[2]

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Geschichte der Stadt Werl, F.J. Mehler

 Der Kölner Erzbischof Friedrich von Saarwerden verwendete offenbar zu Beginn des 15. Jahrhunderts in den entsprechenden Lehensbekundungen den Schlossbegriff zur Bezeichnung einer größeren Anlage. In einer der Regestensammlungen der Kölner Erzbischöfe können in der Lehensbekundung an einen gewissen Hermann Freseken aus dieser Urkunde von 1411 mit “…sein Schloss Scheidungen (-dongen) mit allen Bauwerken, Herrlichkeiten, Renten, Gülten, Nutzungen, Gefällen,…” Begriff, Beschreibung und Ausmaß herausgelesen werden.[3]

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Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter

 Das Schloss existierte.

Die urkundliche Erwähnung an anderen Stellen zu anderen Zeiten zeigt auf, dass das Schloss als Gebäude auch als solches wahrgenommen wurde bis zu seiner Zerstörung 1445 in der Soester Fehde (1444-1449).[4] Die weitere Entwicklung des Schlosses konnte ich über die Quellenarbeit nicht ermitteln. Ich konnte lediglich bei einer Internetrecherche im Landesarchiv NRW aus einer Verkaufsurkunde von 1689 mit “…, ehemals zum Schloss Scheidingen gehörigen 15 ½ Morgen Land bei Werl…” noch einen Bezug auf eine Schlossanlage finden, die aber mehr Unklarheit als Erkenntnis brachte.[5] Warum gab es mehr als 200 Jahre (!) nach der Zerstörung einer Gebäudeanlage noch einen Vermerk in einer Verkaufsurkunde aus der frühen Neuzeit? Bei entsprechender Bedeutung/möglichem Wiederaufbau nach 1445 hätte man eine größere Anzahl an Erwähnungen in nachfolgenden Aufzeichnungen erwarten können. Gut möglich, dass durch eine Namensbindung zum Burgbegriff der Schlossbegriff “überlebt” hat.

Urkunde 1405 Archiv Fürstenberg

 Es war nicht unüblich, dass aus mittelalterlichen Burganlagen Schlösser entstanden, und Erzbischof Saarwerden hatte sicher in der Lehensbekundung an Fürstenberg aus dem Jahre 1405 seine Gründe für die Schlossbezeichnung.[6]

Der bereits erwähnte Hermann Freseken hatte 1397 noch “Haus und Burg zu Scheidingen mit Zubehör” erworben.[7] Der Burgbegriff bei Pachtverträgen war auch nach 1445 aus Scheidingen nicht verschwunden.[8]

Egal, ob nun Namensgleichheiten oder separate Teile einer Burganlage, die sich zum “Schloss” im Spätmittelalter entwickelten, ich hatte für mein weiteres Vorgehen einen Anhaltspunkt. Dazu aber später.

…Fortsetzung folgt…


[1]Vgl. hierzu Preising, Rudolf, in: Scheidingen, Geschichte eines Kirchspiels und seiner Höfe im kurkölnischen Amte Werl, Münster Westfalen 1970, S. 44.

[2]Vgl. hierzu Mehler, Franz Josef, in: Geschichte der Stadt Werl, Werl 1891, S. 524.

[3]Vgl. hierzu Andernach, Norbert, Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Zwölfter Band – Erste Hälfte 1411-1414, Düsseldorf 1995, S. 9.

[4]Vgl. hierzu Archiv Frhr. v. Fürstenberg Herdringen/Westf. Rep. IV, Fach 10 Nr. 49 und Klose, Olaf, Handbuch der historischen Stätten Deutschlands – Band 3, Stuttgart 1963, S. 559.

[5]Vgl. hierzu http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr = 1&id = 0410&tektId = 12&klassId = 25&expandId = 5&bestexpandId = 4&suche = 1&verzId = 1904.

[6]Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss­­­­_(Architektur) und Anmerkung 3 zum Herdringer Archiv.

[7]Vgl. hierzu Anmerkung 1, S. 43.

[8]Vgl. hierzu http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr = 1&klassId = 22&tektId = 12&id = 0410&bestexpandId = 4&expandId = 5 und Anmerkung 7, S. 47.