
Zugegeben, meine Andeutung am Ende des 2. Kapitels und eine wage Standorteingrenzung um Stemmerk herum waren bisher die Anhaltspunkte für mögliche Ausgrabungen. Das war natürlich noch zu wenig. Im Rahmen meines letzten Forschungsprojektes zum Salzbach hatte ich öfters am Salzbachufer um Stemmerk zu tun und noch in Erinnerung, dass Steinhügel auf einer der Pachtflächen eines alteingesessenen Einheimischen namens Bernd Vickermann lagen.
Nur wenige Tage, nachdem ich von der Tauschurkunde aus dem Jahre 1348 erfahren hatte, stand ich nun mit der Frage nach der Herkunft dieser Steine vor diesen Steinaufschüttungen. Ich musste mir schon eingestehen, dass man aus der bloßen Existenz von Steinrestehalden ohne intensive Materialprüfung keine großartigen Erkenntnisse ziehen konnte. Der Landwirt Vickermann gesellte sich nun genau in diese Situation zu mir und lieferte auf Nachfrage Informationen, die das weitere Vorgehen im Projekt maßgeblich bestimmen sollten:
- Wir standen zwar vor den Steinaufschüttungen, aber auf dem “Königskamp”, einem Königshofland. Das war eine Bezeichnung, die unbekannt war, da offenbar nirgends gelistet.

Hier korrigierte mich der Landwirt.
In seinem Privatbesitz gab es noch eine Katasterkarte aus der Wilhelminischen Ära mit dieser Bezeichnung, die er mir dann später auch freundlicherweise zur Verfügung stellte.[1]
Bernd Vickermann berichtete, dass er in all den Jahrzehnten auf dem benachbarten Hillefeld beim Umpflügen seine liebe Mühe mit “diesen Gesteinsbrocken” hatte und auf dem Königskamp zentral lagerte.
- Wie konnte und musste ich nun mit diesen Informationen umgehen? Schon zu Beginn meines Projektes war mir klar, dass Ausgrabungen aus organisatorischen und zeitlichen Gründen nur punktuell in der Scheidinger Flur möglich waren. Ich konnte nur mit den Informationen arbeiten, die mir zur Verfügung standen, und ich musste mit diesen Informationen zielführend und ökonomisch umgehen…eine Herausforderung bei der Sachlage. Wenn die Königsackerbezeichnung rechtmäßig war, konnten an den anliegenden Grundstücken Überreste erwartet werden. Der offenbar in Vergessenheit geratene Königskamp “drohte” allerdings einen neuen Blickwinkel zu öffnen, da ein Königskamp problemfrei in die Versorgungseinrichtung eines Königs einzuordnen war, und damit ging es in das Wanderkönigtum und die Pfalzeinrichtungen der Ottonenzeit, die weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung Scheidingens von 1233 lagen.[2] Das war natürlich kein Hindernis, aber natürlich auch eine Zeit, in der nach aktueller Quellenlage wenig Erkenntnisse und Rückschlüsse zulässig waren.
Gab es eine Pfalz oder die Pfalz in Scheidingen für die sächsischen Könige? Die Frage ist nicht abwegig. Schon zu Zeiten Karls des Großen wurden am Hellweg Königshöfe errichtet.[3] Werl war civitas regia, und Heinrich I weilte oft auf der curtis regia des Werler Grafen.[4] Interpretationsreich ist mit “…Sie [die entsprechende Vöhde] liegt nördlich vom Hellwege bei Werlaha…”[5] die Lage von den Unterkünften des Königs. Kann man Franz von Papen Glauben schenken, dann lagen diese Wiesen bei “Haus Köningen” und Heinrich der Sachse erhielt dort das Angebot zur Die Karte vom Landwirt Vickermann brachte mich auf die Idee, dass das alte Kartenmaterial neue Sichtweisen hervorrufen konnte. Ich musste den Gang zum Katasteramt in das nahe gelegene Soest wagen und suchen. Ich möchte nicht verleugnen, dass mit der Könighoflandbezeichnung sofort bei mir die Verbindung zum Schloss eintrat. Der König wohnte in einem Schloss, und das Schloss hatte einen Schlossacker für unterschiedliche Nutzungen. Insgeheim hatte ich die Hoffnung mit dem Hillefeld einen Platz gefunden zu haben für mein Schloss (Königskampindiz) und das Steinwerk (Indiz über Tauschurkunde von 1348).

Das Auelfeld war keine wahllose Ergänzungslösung, sondern hatte mit Preising und zwei Einheimischen zu tun. Preising setzte eine auffallende Nähe zwischen Burg (also Schloss?) und dem Haus Auel, bei dem bis heute Restfundamente erhalten sind. Auf der bei Preising abgebildeten Urkatasterkarte hebt sich Rittergut Haus Auel schon bautechnisch von anderen Gebäuden ab. Konnte man diese Urkatasterkarte überhaupt in die weiteren Untersuchungen einbauen?

Ja, denn eine Kopie der Urkatasterkarte wurde von mir unter Verwendung von Google Maps auf eine Flurkarte Scheidingens aus heutiger Zeit gesetzt und die geographische Passung abgeglichen. Die Karte war kein Fehlgriff. Landwirt Vickermann, der auch auf dem Auelswinkel (einem Teil von Auelfeld) eine Pacht unterhält, erzählte mir von einem Teich (Schlossteich?) in diesem Teil des Auelfeldes, in dem er noch als Kind die ein oder andere Ente erlegte. In den letzten Jahrzehnten verlor aber dieses Gebiet durch Abtragungen und teils meterdicken Aufschüttungen die ursprüngliche Beschaffenheit im Relief…abgesehen von trockengelegten Resten eines alten Wassergrabens. Unverhältnismäßige Tiefenbohrungen waren kein Thema für mich, aber die Aussagen von Vickermann verdeutlichten vielmehr das bauliche Ausmaß vom Rittergut Auel
( “…, Burg, Haus und Hof zu Scheidingen samt dem Auelhof…”)
Auf einer Anhöhe des Auelswinkels hatte ich mir noch abschließend einen Gesamtüberblick zum Auelfeld verschafft, als ein weiterer Alteingesessener namens Ernst Brieske zu mir kam und aufzeigte, dass das Hausgut Auel durch die Lage zum Salzbach mit Überschwemmungen und grundsätzlicher Feuchte zu kämpfen hatte und daher eher auf leichteren Anhöhen größerer Umbau/Zubau sinnvoll war.
Wie treffend lag doch Brieske, denn Auel stammte ja ursprünglich von Ohl, der nassen und feuchten Senke…hier war ja offensichtlich auch der (Schloss-) Teich. Im unteren Teil des Auelswinkels brauchte ich nicht zu suchen, und im oberen Teil standen Brieske und ich. Er hatte dann in seinen Kindheitserinnerungen auch noch Steinreste(-Schutthalden) vor den Augen auf diesem Wiesenstück, das zumindest nicht durch künstliche Abtragungen/Aufschüttungen bekannt war. Der Scheidinger Meinolf Volke bestätigte diese Aussagen. Es gab schon auffällige Parallelen zum Hillefeld als Kandidaten für einen Ausgrabungsort. Demnach war auch hier ein Blick in das Katasteramt sinnvoll, um vielleicht mit alten Kartenbezeichnungen Bestätigungen/neue Ansätze zum Aufsuchen von Überresten zu erhalten. Vorweg, die Kontaktaufnahme und die Terminvereinbarung vor Ort zum Kartenstudium waren in Soest so problemfrei wie der Umgang mit den teilweise digitalisierten Karten. Leider war es mir nicht gelungen mit neuen Informationen die Standorteingrenzung zu verbessern. Das war schon eine kleine Enttäuschung gewesen, aber die Ausgangslage hatte ich zu akzeptieren. Die Zeit für die Ausgrabungen war gekommen.
…Fortsetzung folgt…
[1]Vgl. hierzu die Flurkarte im Privatbesitz des Scheidinger Bernd Vickermann.
[2]Vgl. hierzu Anmerkung 14, S. 27 und zur Pfalzthematik Seibertz, Johann, Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westfalen Nr. 1 Band 3, Arnsberg 1846, S. 171 oder unter Königskamp die Informationen unter http://books.google.de/books?hl = de&id = PyWaAAAAIAAJ&focus = searchwithinvolume&q = k%C3%B6nigskamp.
[3]Vgl. hierzu Thoss, Alfred, Heinrich I, Der Gründer des Deutschen Volksreiches, Berlin 1943, S. 20.
[4]Vgl. hierzu Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, Band 21, 1861, S. 222.
[5]Vgl. hierzu Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Bände 11-12, Dortmund 1902, S. 237. Hinweis: Werlaha kann sich auch auf die bei Goslar gelegene Pfalz beziehen (http://books.google.de/books?id = DdryEAY_WUYC&pg = PR5&lpg = PR5&dq = werlaha&source = bl&ots =t JQNitN-Vr&sig = p5zdI6QqicPEPA4wGRoANnFxhco&hl = de&sa = X&ei = DrXKUtWfD4nS4QSoyYCACQ&ved = 0CEEQ6AEwAw#v = onepage&q = werlaha&f = false).
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