
Der geübte Leser wird natürlich nicht überrascht sein, dass nicht in der ersten Zeile der Spaten geschwungen wird. Die Planung musste her mit vernünftigem Gerät und sinnvollen Ratschlägen. Die Flurstücke konnten schon aus technischen Gründen nicht umgegraben werden, aber ein schematisches Abstechen war umsetzbar.
Mein Vater nutzte seine handwerklichen Fähigkeiten, um mir eine Eisenstange nach meinen Vorstellungen zu bauen. Es mussten die richtige Dicke und Länge sein, damit beim Stechen die richtige Tiefe unter Verwendung meines Körpergewichtes möglich war.
Das Ende der Stange brauchte eine Spitze zum besseren Bohren, und das T-Stück am Ende der Stange sollte mir besseren Halt gewährleisten…nach dem dritten Anlauf stand die Eisenstange zur Zufriedenheit aller.
Zur Grundausstattung im Archäologiekoffer gehörten weiterhin ein GPS-Gerät zur möglichen Fundstellendokumentation oder die Klassiker wie Spaten, Handschuhe, Handfeger, solider Pinsel, Stecheisen und Plastiktüten zur Fundaufbewahrung.

Der verwendete Metalldetektor sollte Unterstützung liefern für die Ortung metallischer Utensilien.
Der Teil des Auelswinkels, der für mich interessant war, kam schon auf stolze 6000 Quadratmeter. Die 10 Hektar auf dem Hillefeld wollte ich erst einmal ausblenden. Das Angebot von meinem Schulkameraden Marcel Ackerschott zur Mitarbeit auf den Ackerflächen nahm ich dankend an. Mehr als zwei Hände waren gut, aber ein sinnvolles System beim Graben war mit mehr als zwei Händen noch besser. Auf der entsprechenden Fläche im Auelswinkel wurde zunächst eine rechteckige Parzellierung von 250 Quadratmetern vorgenommen unter Verwendung von Bindfäden und Holzpflöcken. Anschließend wurden in den rechteckigen Parzellen mit Bindfäden Diagonalen gezogen. Ich konnte nun im Abstand von 20cm entlang dieser Bindfäden systematisch die Dreiecksflächen auf dem Auelswinkel abstechen. Wenn Grundmauern aus vergangenen Tagen dort lagen, musste ich sie beim Stechen entdecken.
Die Enttäuschung war natürlich groß nach fünfwöchigem Stechen, als mit diesem Zugang “lediglich” ein alter Grenzstein aus den Zeiten der Weimarer Republik und vereinzelte Gesteinsbrocken “zu Tage gegraben” wurden.[1]
Die Reaktion war aber eindeutig unmissverständlich bei mir, indem ich das Zwischenfazit nach dem Hillefeld einläuten wollte. Es konnte und musste nur weitergehen. Ich konnte mich nun gut in die Schwierigkeiten von berühmten Feldarchäologen wie Heinrich Schliemann (Troja) oder Viktor Sarianidi (Goldschatz von Baktrien) hineinversetzen, obwohl diese Archäologielegenden weitaus mehr Probleme und Enttäuschungen vor Augen hatten.
- Hatte ich mit Rudolf Preising auf das falsche Pferd gesetzt? Nein! Rudolf Preising gab die Impulse für die Arbeit, war mein persönliches Eintrittstor für die Werkstatt eines Historikers und den anschließenden handwerklichen Aktivitäten von Hobbyarchäologen. Es gab mit seiner historischen Arbeit aber auch Zeitverzögerungen, Unklarheiten oder einen neuen “unfreiwilligen” Blickwinkel am Ende meines Projektes. Meine ersten Archiverfahrungen im Privatarchiv Fürstenberg Herdringen führten dazu, dass der zuständige Archivar die entsprechende Urkunde aus dem Jahre 1405 von mir (also von Preising) nicht finden konnte.[2] Rudolf Preising war sicher nicht allzu sorgfältig mit den Quellenangaben umgegangen. Führte mich das Steinwerk auf die falsche Fährte? Verunsichert war ich schon. Der Steinwerkbegriff ist ja an sich so nicht in der Quelle von 1411 zu finden, sondern als Steinunterbau bezeichnet. Hilfreicher war da auch nicht folgende Beobachtung: Stand nicht bei Preising etwas aus einer Urkunde aus dem Jahre 1400 mit “…zusammen mit dem Hof tom Stenwerke, d. h. …”, obwohl in der zugehörigen Urkunde ( und darauf bezieht sich ja Preising!) aus dem Archiv Kloster Oelinghausen etwas von einem “Steinwerk” steht?
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Hillefeld Es ging mit neuem Elan zum Hillefeld. Das Stechsystem zum Auffinden hatte sich trotz der “Fundniederlage” bewährt, aber die Größe vom Hillefeld verlangte nach einer Neuorientierung. Ich inspizierte zunächst das gesamte Feld. Die am Rand gelagerten Bruchsteine kamen durch die Umpflügaktionen vom Landwirt Vickermann zum Vorschein und wurden dort wie am Königskamp gelagert. Nach Rücksprache mit dem Landwirt schaute ich mir eine im Hillefeld gelegene Stelle mit einzelnen Bruchsteinen an, von denen der Landwirt leidlich zu berichten wusste. Hier sollte diesmal mein Startpunkt sein, und ich wollte mit dem Einteilungssystem vom Auelswinkel spinnennetzartig von innen nach außen marschieren. Das war nicht nur gedacht, sondern wurde auch umgesetzt. Traf ich in bis zu 60 Zentimetern Tiefe auf einen Stein in meinen Abschnitten, stach ich mit der Eisenstange um den Stein herum, um Aussagen zur Größe oder Anzahl machen zu können. Mehrmals kam es zu kleineren Ausgrabungsaktionen, aber stets blieben es Bruchsteinversatzstücke um größere Steine herum ohne erkennbares Muster. Das änderte sich mit den GPS-Daten 51,594391 und 7,939498 gewaltig!
Gab es endlich nach fast zwei Wochen Suche auf dem Hillefeld den ersehnten Treffer?

An dieser Stelle lagen drei größere Steine nebeneinander.
Ich stach wie eben beschrieben um die Steine herum alles ab und grub 5 Meter in westliche Richtung weitere Steine aus, die sich im Gesamtbild zu einer Grundmauer zusammensetzten.
Hier lag nichts in der Luft, sondern vielmehr im Boden.
Hatten die Steinwerke nicht eine rechteckige Grundstruktur? Es ging in 90-Grad-Richtung weiter mit dem Stechen und Ausgraben. 7 Meter konnten so in Richtung Osten noch herausgeholt werden.
Das Gesamtbild blieb das einer Grundmauer.


Eher beiläufig hatte ich beim Freilegen eines Teils der Grundmauer eine Scherbe in den Händen, die ein uraltes Erscheinungsbild hatte. Abermals wurde der Boden an den Seiten der Grundmauerreste bearbeitet, und beim Ausgraben kamen schräg in die Erde gesetzte Steine zum Vorschein, in deren Zwischenräumen sich neben Tierknochen, Kohle oder Ton eben auch diese Scherben befanden. War ich auf eine Abfallgrube aus vergangenen Tagen gestoßen? Zunächst galt erst einmal die Sicherung der einzelnen Utensilien (Tierknochen, Scherben). Sie wurden in Plastiktüten verpackt.

Ein Unterkieferast war derart mit einem Stein verwachsen, dass ich ihn lediglich grob mit meinem Handfeger vom Erdreich befreite, um Schäden zu vermeiden.
Der Drang zu weiteren Ausgrabungen war da, aber das ist bekanntlich Aufgabe und Hoheitsgebiet der zuständigen Behörden. Ich musste nun zum Stillstand auf diesem Gebiet kommen, wollte aber wenigstens noch die Grundmauerreste mit Unterstützung meines Helfers sauber freilegen. Der Fund sollte vernünftig präsentiert werden.

…Fortsetzung folgt…
[1]Der Besitzer des angrenzenden Grundstückes war anfangs nicht begeistert. Nach kurzer Klärung gab er aber bereitwillig kleine Anekdoten zur Geschichte des Grenzsteines preis, und der ursprüngliche Zustand auf der Wiese wurde von mir natürlich anstandslos wiederhergestellt.
[2]Es handelt sich nicht um das Urkundenfach 2, sondern um das Urkundenfach 10 für die Urkunde. Das ist zunächst einmal eine Belanglosigkeit. Am Anfang der Archiverfahrungen kann das aber ziemlich demotivierend sein. Es wurde aber zur Zufriedenheit aller dann behoben unter erkenntnisvoller Weitsicht des Archivars.