Archiv für den Monat: Mai 2016

Liberator Germaniae

                                     Liberator Germaniae

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Entstehung und Rezeption des Hermannsdenkmals im Hinblick auf die deutsche nationale Frage

Inhaltsverzeichnis

Einleitung                                                         

Hauptteil                                                         

  • Mitte August 1875 … Einweihung mit Rückblenden
  • Hermann im Wilhelminischen Kaiserreich
  • Hermann in Weimar und bei den Nationalsozialisten

Schlussbetrachtungen                                       

Anhang                                                           

  • Abbildungsverzeichnis und verwendete Literatur

Einleitung

Seit 1875 ragt im Lippischen ein Denkmal über den Teutoburger Wald in Westfalen, das Jahr für Jahr Tausende von Besuchern anzieht. Es verkündet einen Meilenstein in der Deutschwerdung. Die rechtsrheinischen Germanenstämme unter Führung des Cheruskerfürsten Arminius konnten in einer mehrtägigen Schlacht im Jahre 9 unserer Zeit nicht nur die römischen Legionen unter dem Oberbefehl des Feldherrn Varus vernichtend schlagen, sondern sich auch der romanischen Sprachgruppe weitgehend entziehen. Die Hermannsschlacht war ein Symbol für die Abwehr feindlicher, hier römischer Truppen. Gerade im 19. Jahrhundert  konnte im Rahmen der nationalstaatlichen Euphorie die Geburtsstunde der Kulturnation mit Verehrung und Verklärung in Kunst und Kultur Einzug halten.

Der Bildhauer Ernst von Bandel setzte auf dem Teutberg bei Detmold dem Helden der Deutschen ein imposantes Landschaftsdenkmal. Ob mit dieser Standortwahl der historische Schlachtenort tatsächlich widergespiegelt wird, lässt sich bis heute nicht endgültig klären. Die vorliegende Hausarbeit will sich dem nicht verschreiben, sondern den Blick richten auf die Motivation zur Grundsteinlegung und den Bedeutungswandel in Grundzügen bis 1945 skizzieren. Ein Denkmal von überregionaler Bedeutung ist Spiegelbild einer Gesellschaft, zumindest in großen Teilen. Hermann wurde epochenübergreifend vereinnahmt. Die Kolossalstatue von der Grotenburg konnte demnach durch Transformation einen Zugang erhalten für den jeweils aktuellen Zeitgeist, und das war immer auch ein Stück Identitätsbildung und Nationalgeschichte.

Die nachfolgenden Aufzeichnungen thematisieren diese strapazierfähige Interpretationsplattform in Auszügen ohne ausländisches Presseecho[1] und die Kompatibilität des antiken Helden für das deutsche Nationalbewusstsein.

Hauptteil

  • Mitte August 1875 … Einweihung mit Rückblenden

Am 16. August 1875 blickte Joseph Ernst von Bandel auf das vor ihm stehende Hermannsdenkmal in der Grotenburg auf dem Teutberg bei Detmold im Teutoburger Wald. Nach siebenunddreißig langen Jahren stand das Ergebnis seines Geistes und seiner bildhauerischen Aktivitäten vor ihm als etwas mehr als 50 Meter hohe Kolossalstatue aus Sandstein und Kupferplatten, in romanischen und gotischen Stilelementen gehalten.  Die Arbeit an diesem Nationaldenkmal war aufopferungsvoll, von Unterbrechungen gekennzeichnet, in der Finanzierung oft schwierig, und nun stand der „Alte vom Berge“ auf dder Kaisertribüne Hand in Hand mit Kaiser Wilhelm I.[2] Sein Lebenswerk war vollendet, der Kaiser persönlich ehrte ihn und führte von Bandel an die Brüstung der Tribüne, akustisch begleitet von einem vielstimmigen Jubelorkan. Der Befreier Germaniens als Versinnbildlichung deutscher Kraft wurde daraufhin ganz offiziell dem deutschen Volk übergeben. Trotz aller gutgemeinten Ehrbekundungen, es war zu viel für den alten Künstler. Er musste zur Ruhe kommen, also war der Gang zu seiner altgedienten Waldhütte unvermeidlich:

Bandel wurde überschüttet mit Glückwünschen, so dass es ihm zu viel des Lärmes ward und er sich in sein verschlossenes Häuschen zurückzog.[3]

War es noch sein Hermann? Ja, denn aller Anfang nationaler Einheit lag im Teutoburger Wald. Die ersten skizzierten Gedankengänge stammten aus den Jahren nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Das Symbol einer wiederkehrenden nationalen Einheit war zwar in Leipzig 1813 veranschaulicht, aber dieses etwas verklärende Symbol nahm seinen Anfang im Teutoburger Wald mit Hermann.  Bandels monumentales Denkmal bekannte sich zur freiheitlichen Ordnung und zur nationalen Einheit. Das restaurative Klima nach 1815 und die Metternichschen Repressionen spielten den Cheruskerfürsten Hermann den Vertretern des „Jungen Deutschlands“ in die Hände als Gallionsfigur eines demokratischen Grundgedankens. Unvermeidlich, blieb doch eben mit dieser liberalen Presse seine Baustelle in aller Munde. Heinrich Heine betätigte 1844 die literarische Werbetrommel im Wintermärchen:

„Das ist der Teutoburger Wald,

Den Tacitus beschrieben

Das ist der klassische Morast,

Wo Varus steckengeblieben.

 

Hier schlug ihn der Cheruskerfürst,

Der Hermann, der edle Recke;

Die deutsche Nationalität,

Sie siegte in diesem Drecke. […]

Gottlob! Der Hermann gewann die Schlacht,

Die Römer wurden vertrieben,

Varus mit seinen Legionen erlag,

Und wir sind Deutsche geblieben! […]

 

O Hermann, dir verdanken wir das!

Drum wird dir, wie sich gebühret,

Zu Detmold ein Denkmal gesetzt;

Hab selber subskribieret.“

Roth, Ursula (Hrsg.), Heinrich Heine, Deutschland: ein Wintermärchen, Stuttgart 1995, S. 82.

Bandel wollte sich dem auch nicht entziehen, und 1838 wurden die Grundsteinlegung und der Sockelaufbau durchgeführt. Auch 1841 konnte sich Bandel der demokratischen Sinnstiftung seiner Lebenswerkbaustelle sicher sein, indem der Festredner, Kanzleirat Petri, dem Hermann das Potenzial für die Völkerverständigung zusprach:

Das Denkmal wird fragen, ob die Nachfahren neben der Achtung fremder Sitte, fremden Rechtes, fremder Freiheit ungekränkt zu bewahren und zu schützen wissen die eigene Sitte, das eigene Recht, die eigene Freiheit.[4]

Geldmangel, Ärger mit dem Detmolder Förderverein und die wechselhaften politischen Ereignisse zerrten das Kräftereservoir des „Alten vom Berge“ auf. Im Argwohn blickte der greise Künstler zurück auf den jahrelangen Baustillstand am Teutberg oder die unzähligen Warteeinheiten in der hannoverschen Hermannswerkstatt. Treffend formulierte es 1867 nun ausgerechnet Karl Marx in einem Brief an Friedrich Engels in seiner Feststellung, dass „das Zeug ebenso langsam fertig werden würde wie Deutschland“.[5]

bErnst von Bandel konnte zufrieden sein an diesem 16. August 1875. Der Hermann war eine Identifikationsfigur für alle Bevölkerungsschichten. Hier gab es etwas für das Volk, und zu einem guten Stück wurde es auch vom Volk finanziert. Befürchtungen hinsichtlich eines Bedeutungswandels blieben aber auch Bandel nicht verborgen, als er wohlweislich schon 1874 an den damaligen Detmolder Bürgermeister Dr. Heldmann schrieb:

Ich schlage vor: in guter Jahreszeit – nicht an einem Tage irgendeines Sieges über Fremde, werde eine ganze oder halbe Woche festgesetzt als Zeit, in der das vollendete Denkmal dem Deutschen Volke übergeben werde, es möge es dann selbst übernehmen und die Übernahme durch selbstgewählte Handlungen beurkunden.[6]

  • Hermann im Wilhelminischen Kaiserreich

Der Geheime Justizrat Otto Preuß ließ in der Einweihungsrede bereits die Verlagerung hin zum Kriegerdenkmal mit antifranzösischer Ausrichtung erkennen:

In jubelnder Begeisterung hat zur Abwehr seines übermütigen Erbfeindes[7] das deutsche Volk wie ein Mann sich erhoben. Ein Heldengreis[8] unter seinen Fürsten, aus jenem Herrschergeschlechte, das stets, auch in trübster Zeit, das Banner der deutschen Ehre hochgehalten, hat die Wehrkraft des gesammten Vaterlandes aufgeboten, jugendmutig selbst sich an die Spitze gestellt, in beispiellosem Siegszuge durch des Feindes Land dessen Heeresmacht niedergeworfen, noch auf der Kampfesstätte, folgend dem einmütigen Rufe der deutschen Fürsten und freien Städte, unter dem Zujauchzen Alldeutschlands, die Kaiserkrone aufgesetzt[9] und dann, nach Wiedereinfügung einst schmählich uns entrissener Provinzen[10], ein Kaiserreich deutscher Nation wiederaufgerichtet, mächtiger und herrlicher, als je die Geschichte es gekannt hat.[11]

Die nationaldemokratische Grundausrichtung mit durchaus unpersönlichem Ermahnen an die französischen Befreiungskriege erhielt eine nationalpatriotische Begleitmusik mit den typischen Sprachnoten. Ernst von Bandel konnte sich jedoch nicht distanzieren von dieser antifranzösischen Ausrichtung, denn aus seinen Bildhauerhänden entsprangen in der letzten Bauphase eben jene aggressiven Untertöne, die dem völkerverbindenden Grundtenor bei der Grundsteinlegung widersprachen.

Blick und Schwertarm sind nach Westen gerichtet als wachsame Momente vor dem Erzfeind Frankreich, die Schwertinschrift „Deutsche Einigkeit meine Stärke. Meine Stärke Deutschlands Macht“ setzt den jungen Nationalstaat schlagkräftig in Szene und mit „Treufest“ als Schilderaufschrift wird symbolisch diese Interpretationsausrichtung verankert. Nachfolgende Nischensprüche des Denkmals in Auswahl bedürfen aber keiner Interpretation mehr, da sie den französischen Erbfeind in die Tradition der römischen Besatzer zu Zeiten des Cheruskersprößlings Arminius setzen:

Der lang getrennte Staemme vereint mit starker Hand,

Der welsche[12] Macht und Tücke siegreich überwandt,

Der längst verlorne Söhne heimführt zum Deutschen Reich,

Armin, dem Retter ist er gleich.

Am 17. Juli 1870 erklaerte Frankreichs Kaiser, Louis Napoleon, Preuszen Krieg, da erstunden alle mit Preuszen verbündeten deutschen Volksstaemme und züchtigten vom August 1870 bis Januar 1871 im[m]er siegreich franzoesischen Uibermuth unter Führung des Koenigs Wilhelm von Preuszen, den am 18. Januar Deutsches Volk zu seinem Kaiser erhob.

Arminius liberator haud dubie Germaniae et qui non primordia populi romani, sicut alii reges ducesque, sed florentissimum imperium lacessierit: proeliis ambiguus, bello non victus.

Ganz nebenbei, aber sicher auch nicht unwillkommen, ergab sich doch über den Nationalhelden Hermann die Möglichkeit zur Huldigung der kaiserlichen Monarchie. Diese „Hintertürpropaganda“ war der Preis, den Ernst von Bandel zu zahlen hatte. Es war gerade der „Kartätschenprinz“ Wilhelm[13], der nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 auch mit Privatvermögen den finanziellen Spielraum für die Endfertigung des Kupferplattenhelden auf dem Teutberg realisierte.

Der ausgrenzende und abwehrende Charakter machte in Zeiten des Kulturkampfes auch vor den „inneren Feinden“ der Kulturnation im Fürstenbund nicht Halt. So wie der Cherusker 9 unserer Zeitrechnung Rom auf urgermanischem Boden besiegte, sollte das Denkmal am Ausgangspunkt der Deutschwerdung als Symbol dienen im Kampf gegen die Ultramontanen.[14] Die Einweihungsfeier im August 1875 war denn auch nicht gänzlich frei von antikatholischen Gesängen. Der lippische Generalsuperintendent Adolf Koppen interpretierte offen auf diesem völkischen Einweihungsfest in der Grotenburg den katholischen Glauben als religiösen Vaterlandsverrat. Sicher nicht in Unkenntnis der aktuellen Tagespolitik, ließ der schon erwähnte Rudolf Scipio seinem Augenzeugenbericht ausdrücklich einen protestantischen Kampfchoral hinzufügen.[15]

ff

Stellvertretend für den etwas verdeckten Kulturkampf bei der Einweihungsfeier veröffentlichte im August 1875 der Kladderadatsch eine Darstellung zur Enthüllungsfeier, in der der antike Hermann als Sieger gegen das antike Rom neben dem protestantischen Reformator Martin Luther gleichrangig abgebildet wurde. Beide verdecken den in Nebelschwaden verhüllten Petersdom, und damit verkündet auch der Protestantismus seinen Sieg über den römischen Katholizismus aus dem nun neuzeitlichen Rom.[16]

Grundsätzlich vermochte und ermöglichte das Nationaldenkmal im Wilhelminischen ggKaiserreich latente Ausgrenzungen gegenüber religiösen und politischen Gruppierungen. Das Hermannsdenkmal hatte keine klare politische Ausrichtung und konnte dem Zeitgeist entsprechend vereinnahmt werden. Die Sedanfeier am 2. September hatte stets und gern den Hermann als Panorama, schon vor der Einweihungsfeier am 16. August 1875. Hermann war kompatibel, und so war es denn auch nicht verwunderlich, dass dann wiederum zur 1900jährigen Wiederkehr des Schreckgespenstes der römischen Legionen im August 1909 eher eine unpolitische Germanentümmelei mit Volksfesttenor zu beobachten war. Der Hauptredner Hans Delbrück warf versöhnliche Worte in die Zuschauermenge, Fürst Leopold IV. zur Lippe weihte das Bandeldenkmal ohne Anwesenheit von Politikgrößen aus Berlin ein, und die Besucher nahmen regen Anteil an den Hühnenring-Festspielen und flankierten die romantisch verklärten  Festzüge.

  • Hermann in Weimar und bei den Nationalsozialisten

Die Weimarer Republik war eine ungeliebte Republik. Die militärische Niederlage im 1. Weltkrieg, das Politikergebaren am 9. November 1918, die Dolchstoßlegende und das Ergebnispaket des Versailler Friedensvertrags programmierten die Vereinnahmung des Hermannsdenkmals auf den Geschichtsrevisionismus. Paramilitärs, Reaktionäre, Revanchisten oder Monarchietreue setzten dem Hermannsdenkmal den vielinterpretierbaren und epochenübergreifenden Stempel der Befreiung auf. Der antidemokratische Zeitgeist jener Tage, getragen von breiten Bevölkerungsschichten der Weimarer Gesellschaft, kam nun zum 50jährigen Bestehen des Hermannsdenkmals im August 1925 zum Vorschein, in Auszügen im Rundbrief des Stahlhelms anlässlich der Feierlichkeiten verdeutlicht:

50 Jahre hält Hermann, der Cherusker, dort oben auf der Grotenburg mit dem drohend nach Westen in die Luft gestreckten Schwert die Wacht. […] Deutschland hat unter ihm, dem greisen Held auf deutschem Kaiserthron, auf der höchsten Stufe seiner Entwicklung, seines Glanzes, seiner Macht gestanden. Verbrecherische Volksverführer haben unser Vaterland am 9. November 1918 in ein Chaos verwandelt, (…). […] So entstand der Stahlhelm. Mehr als zwei Millionen Männer haben sich im Laufe der Jahre zusammengetan, um in unserer Arbeit an der Erneuerung und Wiedergeburt des Vaterlandes unter der alten ruhmvollen Flagge Schwarz-Weiß-Rot zu wirken. Und nun, Kameraden, der heutige Tag erinnert uns an die von unseren Altvorderen erlittene Schmach, Versklavung und Unterdrückung, ähnlich der unseren in der Gegenwart, erinnert uns aber auch an die Erhebung des Vaterlandes und die Vernichtung der eingebrochenen Unterdrücker durch unsere Urahnen, deren erster Held Hermann, der Cheruskerfürst, war. Das gibt uns die Gewissheit, dass auch wir uns befreien werden aus fremder Knechtschaft, dass auch wir wieder den Grund legen werden zu deutscher Wiedererweckung, zu selbstbewusster Kraft und Macht. […][17]

Ludwig Fahrenkrog, Gründer der neopaganen Germanischen Glaubens-Gemeinschaft, nnsetzte um 1925 mit dem Gemälde „Germania, es kommt dein Tag“ bildlich die Erwartungshaltung und den Weimarer Geist gekonnt unter Hermanns Mithilfe um.

Im Nationalsozialismus hatte Hermann eine ambivalente Stellung im Weltbild und der Werbekulisse. Umgangssprachlich waren die Germanen schlichtweg Deutsche. In der Arierforschung kam den Germanen eine Schlüsselfunktion zu, denn die Rassenkundler sahen im Zeitalter der Germanen die Hochphase der nordischen Rasse, der Herrenmenschen. Das nationalsozialistische Weltbild war daher bis zu einem bestimmten Punkt auch eine germanische Weltanschauung mit den klassischen Beschäftigungsfeldern wie der Führerfigur und dem Gefolge, der Mannentreue, der Familie und der Stammeszugehörigkeit. Hermann war als germanischer Heerführer eine Leitfigur der nationalsozialistischen Chefideologen auf Identitätssuche. Die schriftlose Kultur der Germanen konnte nur über jene römischen Autoren wie Tacitus kompensiert werden, die sich in ihren Werken wie der Germania auch zu den rechtsrheinischen Vorfahren äußerten. Die Römer waren in Personalunion Besatzer und Wegbereiter zur Bereitstellung schriftlicher Quellen für die Germanenkunde. kkDieser Konflikt konnte nur durch die geographische Erweiterung des Arierbegriffes ermöglicht werden, und der Römer war so mit seinen alten Quellen schnell zum alten Arier ernannt.  Die außenpolitische Rücksichtnahme machte so auch vor Hermann nicht Halt. Benito Mussolini stand bei offiziellen Besuchsprogrammen nie auf dem Teutberg, obwohl gerade in den dreißiger Jahren die Besucherzahlen um ein Vielfaches höher waren als noch zu Zeiten des alten Kaisers Wilhelm. Die Brüskierung musste vermieden werden, und der Ruf nach einer nationalen Wallfahrtsstätte, besonders von der lippischen NS-Prominenz gewünscht, kam nie über eine einmalige Antragsablehnung hinaus. Hermann in Ehren, und als Führergestalt durchaus eine Legitimationsbasis für den Führerkult, aber das politische Tagesgeschäft über die Achse Berlin-Rom hatte Vorrang. Hermann war vordergründig Mittel zum Zweck.[18]

Schlussbetrachtungen

Dem Hermann auf dem Teutberg darf der Besucher vor Ort einen im Liberalismus innewohnenden demokratischen Grundgedanken zusprechen, aber die Identifikation ist nicht darauf beschränkt. Sie war es von der Enthüllungsfeier im August 1875 an nicht. Ob als Mahnmal für die nationale Einheit, die vereinte Menschheit oder als Ikone mit antifranzösischer Attitüde, zu gleicher Zeit konnten an Festtagen und zu Jubiläen die grundlegenden geistig-politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts, die Subkulturen in der Weimarer Republik und die Germanenkunde bei den Nationalsozialisten am Hermannpanorama laben.

Ernst von Bandel verwirklichte seinen Lebenstraum mit großem Einsatz über einen längeren Zeitraum. Er hatte eine Idee, dafür gekämpft und stand am 16. August 1875 auf der Festtribüne neben Kaiser Wilhelm. Eine respektable Leistung, die aber einen Preis verlangte. Die Grundkonzeption und die Bauphasen durchliefen vom Befreiungsklima gegen Napoleon bis zur Kaiserproklamation im Januar 1871 zu viele Politikstationen, um eine einheitliche Ideologie oder eine begrenzte Themenbesetzung auf der Grotenburg zu ermöglichen. Der Katholikenabstinenzler im Kulturkampf, die Monarchisten, Anhänger einer wilhelminischen Jubelsäule,  der völkische Patriot mit Hang zum Herrenmenschentum oder die unpolitischen Romantiker auf den Germanenfestumzügen zur 1900jährigen Wiederkehr der Varusschlacht standen mit mehr oder weniger vernünftigen Argumenten im Stillgestanden vor dem Kupferplattenbefreier Germaniens.

Ist das Fehlen einer eindeutigen politischen Aussage nun ein unbewusster Konstruktionsfehler unserer Landsleute aus dem 19. Jahrhundert? Nein, denn alleine die Finanzierung durch Spenden, an denen breite Bevölkerungsschichten partizipierten, verdeutlichte den Grundgedanken eines nationalen Denkmals. Vielmehr sollte der Hermann als urdeutsches Freiheitssymbol jeder Couleur die Möglichkeit über seine Vereinnahmung aufzeigen und zu mahnen, sich mit kritischem Abstand der eigenen Geschichte bewusst zu werden.

Anhang

Die Bandelhütte. Die Abbildung kann unter http://www.google.de/imgres?imgurl = http%3A%2F%2F static3. akpool.de%2F images%2Fcards%2F14%2F147201.jpg& imgrefurl = http%3A%2F%2F www.akpool.de%2 Fansichtskarten%2F147393-ansichtskarte-postkarte-hiddesen-detmold-hermannsdenkmal-bandelhuette&h = 377&w=580&tbnid=lMCdEbfMVD_ rIM%3A&zoom=1&docid = 8HRh3URqCg_ezM&ei = 8igEVbywI4mrPJjJgLAE&tbm =isch&iact=rc&uact =3&dur=463&page=1&start = 0&ndsp = 19&ved=0CDMQrQMwBg abgerufen werden.

Barmeyer, Heide, Denkmalbau und Nationalbewegung, Das Beispiel des Hermannsdenkmals, in: Baltrusch, E., Meyer, Michael u. a. (Hrsg.), 2000 Jahre Varusschlacht, Berlin 2012, S. 301. Die Online-Ausgabe des Buches kann unter https:// books.google.de/ books? id=E5NlTrjl73IC&pg =PA287&lpg=PA287&dq=Barmeyer ,+Heide,+ Denkmalbau+und+ Nationalbewegung&source = bl&ots = Sk70Yb2dVL&sig = KSKTxfz THuKfnGKDXCKtywHDBbQ&hl=de&sa=X&ei=zOcDVbXjBsvcPdHQgKAG&ved = 0CDEQ6AE wAg#v= onepage&q = Barmeyer % 2 C% 20 Heide%2C%20Denkmalbau%20und %20 Nationalbewegung &f=false abgerufen werden.

Dohm, Ernst (Hrsg.), Kladderadatsch Jg. 28 (1875) Nr. 37/38, S. 152. Die Abbildung kann unter http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1875/0478 eingesehen werden.

Fahrenkrog, Ludwig, „Germania, es kommt dein Tag!“. Die Abbildung kann unter http://www. delcampe.net/items? language=E&catLists%5B0%5D=14727 abgerufen werden.

Hakenkreuz und Hermann. Das Bildmotiv kann unter http://www.google.de /imgres?imgurl=http%3A%2F %2Fwww.lwl.org% 2Fwestfaelische-geschichte%2Fmed%2F thumb%2Fmed1113.jpg&imgrefurl = http%3A%2F%2Fwww.lwl.org%2 F westfaelische-geschichte %2Fportal%2F Internet%2Finput _felder%2 FlangDatensatz_ebene4.php% 3FurlID%3D846%26ur l_tabelle%3Dtab_websegmente&h =127&w=80&tbnid =FtDruGT vqhwymM%3A&zoom= 1&docid=P21RPOQ5MxO4eM&ei = dTAEVbHUIYXDO um9gfAH&tbm = isch&iact = rc&uact=3&dur=1074&page=1&start=0&ndsp=27&ved=0CCQQrQMwAQ abgerufen werden.

Koselleck, Reinhard, Ein Jahrhundert Hermannsdenkmal, in: Günther, Engelbert (Hrsg.), Lippische Mitteilungen, Band 45, Detmold 1976. Der Literaturhinweis kann unter http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/input_felder/seite1_westf_bild.php?urlID=1731 abgerufen werden.

Lendzian, Hans-Jürgen (Hrsg.), Zeiten und Menschen, Geschichte, Einführungsphase Oberstufe Nordrhein-Westfalen, Paderborn 2014.

Schmidt, Hans, Das Hermannsdenkmal im Spiegel der Welt, 1838 · 1875 · 1975, Detmold o. J.

Schmidt, Hermann, Ernst von Bandel: Ein deutscher Mann und Künstler, Hannover 1892. Die Onlineausgabe des Buches kann unter http://s2w.hbz-nrw.de/llb/content/structure/658466 eingesehen werden. Aus dieser Ausgabe stammt auch die Abbildung (Seite 199).

Rudolf Scipio, Der Ehrentag des Teutoburger Waldes, in: Keil, Ernst (Hrsg.), Die Gartenlaube Heft 38, 1875, S. 637. Die Abbildung von Knut Ekwall kann unter http:// de.wikisource.org /wiki/ Der_ Ehrentag_ des_Teutoburger_ Waldes eingesehen werden.

Roth, Ursula (Hrsg.), Heinrich Heine, Deutschland: ein Wintermärchen, Stuttgart 1995.

Wir sind Europa! Und was man von Maria lernen kann!

           Wir sind Europa!

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      Und was man von Maria lernen kann!

 

Inhaltsverzeichnis

  • Von Laurentius nach Maria
  • Die Mutter Europas
  • Schattenwürfe einer Lichtgestalt
  • Meine Stellungnahme für Europa
  • Quellenverzeichnis 1
  • Von Laurentius nach Maria

Im September 2015 besuchte ich verschiedene Kirchenschauplätze im heimischen Westfalen. Ob die Wallfahrtsbasilika Mariä Heimsuchung in Werl, die Wallfahrtskirche St. Ida in Herzfeld oder die Pfarrkirche St. Laurentius im sauerländischen Enkhausen, allen Standortaufsuchungen war der regionalkirchliche und heimatgeschichtliche Charakter zu eigen, vielmehr deren ausschließliche Motivation. In Enkhausen begann mein persönliches Europa. Der neugotische Baustil mit den Maßwerkfenstern, adem spitzhelmigen Westturm oder den Rippengewölben auf Rundpfeilern hinterließ bei mir aber schon einen architektonischen Eindruck. Der berühmteste Enkhausener, kein geringerer als Bundespräsident Heinrich Lübke, soll der Legende nach in jungen Jahren ehrfurchtsvoll als gläubiger Katholik vor den Heiligenfiguren im Inneren der Kirche seine Gebete gehalten haben. Schon beim Eintritt in die Kirche wahrgenommen, fiel mir im Außengelände der Kirche ein Marienaltar auf, der meine Konzentration in Anspruch nahm.

Es ist nicht so, dass Maria für mich neu war. Sie verkörpert die Friedenskönigin. Ich identifizierte die Gottesmutter stets mit der Schlange und der Weltkugel als sikonographische Heiligenattribute zur Lossagung jedweder Sünde. Aber diese markante Anzahl an Sternen, die…

Entsprach die Wahrnehmung wirklich meiner bewussten Beobachtung? Der Sternenkranz zählte 12 Sterne. Dieses erstmalige bewusste Nachzählen setzte sofort die Johannesoffenbarung 12, 1 frei, aber diese Apokalypse war eine prophetische Hoffnungsschrift. Und hatte der Belgier Paul Lévy[1] dem Generalsekretär des Europarats Graf Benvenuti nicht in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts diese 12 Sterne als Motivvorschlag für die Europaflagge vorgelegt? Stand ich dem europäischen Gedanken näher als es mir bisher bewusst war? Eine Klärung der unerwarteten Verbindung musste her!

  • Die Mutter Europas

Der Legende nach ging eben jener vorgenannte Paul Lévy bei strahlend blauem Himmel als Mitarbeiter des Europarates 1955 an einer Maria Immaculata vorbei, deren Sternenkranz im Sonnenschein funkelte. Ob Lévy persönliche Motive dem Grafen Benvenuti vorlegte, wissen wir nicht, aber die Geburtsstunde für eine der bekanntesten Flaggen war gesetzt, und dieses Flaggenmotiv wurde in späterer Zeit dann auch von der Europäischen Gemeinschaft übernommen. Die Flagge selbst war dabei nicht der Auslöser für diesen Wettbewerbsbeitrag, sondern die Maria, bei deren Anblick offenbar gelegentlich Menschen – und ich muss eingestehen, dass ich erst nach dem zweiten Blick zu diesen Menschen gehörte – Verbindungssterne setzten zu transnationalen Projekten und Visionen. Lag der Kern des europäischen Wesens – bisher von mir nicht wahrgenommen – unter der sakrosankten Aura der Maria Immaculata? Es war gut möglich, dass dann doch mehr Europa in mir steckte als bisher angenommen. Nimmt man die Ansichten von Lévy als Maßstab, gab die Madonna dem Belgier die Initialzündung für das Zustandekommen eines bildlichen Symboles der Vereinigung und Vollkommenheit zumindest auf kontinentaleuropäischer Ebene.[2] Die zwölf Sterne standen dabei Pate für den vollkommenen Abschluss wie die zwölf Tierkreiszeichen, die zwölf Kalendermonate, die zwölf Tafeln des kodifizierten römischen Rechts, die Zwölfgötter aus der griechischen Mythologie, die zwölf Stämme Israels oder die zwölf Apostel. Nimmt man zusätzlich noch die zahlreichen Marientitel der Mutter Jesu in die Diskussion um religiös durchsetzte Fundamente einer transnationalen Organisation, dann verlangen die christlichen Grundpfeiler des Abendlandes zwingend die friedensnahe Ausrichtung der Europäischen Union, zumindest die garantierte Austarierung zwischen negativem und positivem Frieden. Ist der europäische Gedanke damit per se ein pazifistischer Gedanke? Ja, denn die Grundsatzdebatten zur Transnationalität wurden im direkten Nachklang des Zweiten Weltkrieges gelegt. Ob die Mutter Jesu damit als die Mutter Europas vereinnahmt werden kann, obliegt dem Gläubigen und europäisch Ausgerichteten, aber die Verbindungsknüpfung bedarf keiner Entschuldigung. Wenn der Karolinger Karl der Große im renommierten Karlspreis auf Europaebene wirkt, dann kann Maria ungefragt nur allzu gut die werteausstrahlende Gallionsfigur im Hinterzimmer des Brüsseler Europaparlaments spielen. Dieser Blickwinkel kann jedoch zu einem europäischen Nationalismus führen und soll als heikles Szenario mit tagespolitischem Zusatz im nächsten Kapitel präsentiert werden. Nun steht jedoch die Europawerbung mit der Maria auf der Argumentationsleiste:

Der religiöse Bezug auf Maria war deutlich in der EU zu spüren, da lediglich der pure Zufall die zwölf Mitgliedsstaaten 1986 als ursächlich für die zwölf Sterne auf der Europaflagge ausschrieb. Die Sterne hatten in Brüssel nie etwas mit der Anzahl der Mitgliedsstaaten zu tun. Die EU-Osterweiterung vollzog sich nie mit der Mehrung der Sterne auf der blauen Flagge, sondern mit der ideellen Werteerweiterung. Nicht ohne Grund wurde am 8. Dezember 1955, dem Festtag der unbefleckten Empfängnis Marias, die sternenbesetzte, blaue Flagge als Brüsseler Wimpel zugelassen. Dass das mit der Sündenfreiheit auch bei der EU nicht so lupenrein ist, soll hier nicht vorwurfsvoll – und damit sicherlich überzogen –  thematisiert werden, aber der religiöse Zusatz im abendländischen Gebot der Trennung von Kirche und Staat lässt zumindest ein ehernes Moralgerüst in der Theorie erkennen. Und die Sterne auf den Euromünzen sorgen zudem als ständiger Begleiter in den Geldbörsen für ein vermutlich immer noch für viele Bürger undeutliches Verbreiten der europäischen Gemeinschaft und für eine alltägliche „Konfrontation“ mit dem „religiösen Europa“.

  • Schattenwürfe einer Lichtgestalt

Ich verbinde mit Maria Hoffnung, Vollkommenheit, Wegweisung, Idealisierung oder zumindest stützende Begleitung. Die Lichtfigur bringt Licht, und ich verbinde mit der Mutter Gottes den jahrzehntelangen Frieden innerhalb der Europäischen Union. Der glänzende Heiligenschein funktioniert aber auch hier nicht. Die allzu Euphorischen dürfen nicht vergessen, dass die Unterstützerin der Christen ihren Rückhalt im Abendland besonders aus der Anrufung zum Kampf gegen die Osmanen gewann, und damit können ausgrenzende Tendenzen in das Marienbild hineininterpretiert werden. Zuviel Kritik ist jedoch auf dieser Schiene unangemessen. Natürlich kam im Namen Marias 1683 der polnische König  Johannes III. Sobieski  den Wienern erfolgreich zu Hilfe oder zahlreiche Mariensäulen im bayerisch-österreichischen Raum zeigen die Gottesmutter mit dem Halbmond zu ihren Füßen. Das war aber der religiös tief verwurzelten Zeit geschuldet und muss heute nicht mehr kontraproduktiv in die Europadebatte eingebracht werden. Karl der Große als männliches Pendant der Maria ist im Karlspreis verewigt für Verdienste im zeitgeschichtlichen Europa. Der Karolinger selbst war jedoch lediglich geographisch auf europäischem Status, dagegen das Wertesystem trotz karolingischer Renaissance wenig europaorientiert. Die Sachsen an jenem „Verdener Blutgericht“ stehen symbolisch für eine radikale Christianisierung. Und aktuell kann das Geschiebe in der Flüchtlingsproblematik nicht über einzelne Marientitel wie „Mutter der Barmherzigkeit“, „Mutter von der immerwährenden Hilfe“ oder „Mutter vom guten Rat“ begründet werden. Aber vielleicht sieht die Europäische Union das Mariabildnis nicht als Grundlage des eigenen Handelns, sondern strebt zur „Mutter ohne Makel“ in einem Lern- und Entwicklungsprozess? Zu wünschen wäre es diesem transnationalen (Kontinental-)Staat, schon mit Blick auf unnötige Geschichtskontroversen und verbesserungswürdigen Außendarstellungen in der jüngeren Vergangenheit. Jetzt heißt es aber für mich persönlich goldene Farbe bekennen auf blaugefärbtem Hintergrund. Die Sterne haben eben nicht nur symbolisch wegweisende Bedeutung für die Positionierung in oder für Europa. Und letztlich zählt ohnehin nur die Parteinahme für eine Gesinnung.

  • Meine Stellungnahme für Europa

Zunächst losgelöst von Maria, ich kann alleine durch die Farbkombination der Europaflagge meine westfälische Heimatverbundenheit mit dem Europagedanken bedenkenlos verknüpfen. Die blaue Farbe ist eine charakterstarke Farbe. Könige und Kaiser trugen sie voller Stolz, und der Europabezug stand stets in Begleitung zu Personen und Beweggründen. Schon Kaiser Heinrich II. (1014-1024) wurde – dort noch im Kampf gegen die Byzantiner in Süditalien – mit einem blauen Sternenmantel  beschenkt , der heute noch im Bamberger Kirchenmuseum zu besichtigen ist. Die darauf abgebildeten Sternenmotive verdeutlichen einen universellen Anspruch oder eben eine Verantwortung über die nationalen Grenzen hinaus. Nicht ohne Hintergedanken betitelten die Zeitgenossen den letzten Ottonen als „decus Europae“, als Glanz Europas. Das kann problemlos in die heutige Zeitgeschichte übertragen werden. Die unpersönliche und durchaus mächtige Institution hat ihren Sitz in Brüssel und unter dem Sternenhimmel strebt man dem ewigen Frieden (zumindest hat man mit der Gründung Europas einen jahrzehntelangen Frieden vorzuweisen) und dem wahrhaftigen Vertrauen (auch wenn die Bilanzdaten der Griechen vor einigen Jahren eher ungünstiger Natur waren) entgegen. Ein festes, orientierendes Umfeld, friedfertige, heitere Gelassenheit, Kommunikationsfähigkeit oder ganzheitliche Verbundenheit stehen in der klassischen Farbenlehre für das Blau, und diese Charaktereigenschaften treffen für die EU als Leitkriterien zu…trotz notwendiger Schönheitskorrekturen in der Tagespolitik. Der heimatlich Verwurzelte muss zwischen gkonstruktiver Systemkritik und dem polemischen Regionalpatriotismus (z. B. dem der Freistaatlichen aus Bayern) unterscheiden, sonst wird er dem notwendigen Realbezug nicht gerecht.

Brüssel wählte Blau, und Maria trug Blau. Eigentlich war dieses Kleidermotiv ja durch den kostspieligen Farbton gewählt (Ultramarinblau kostet mehrere tausend Euro in der Herstellung), aber damit wird natürlich nur die sakrosankte Stellung der Himmelskönigin verdeutlicht. Blau ist in der katholischen Farbensymbolik eine himmlische Farbe, die den Himmel und die Erde verbindet. Nähe und Ferne, Göttliches und Irdisches erhalten über die Gottesmutter eine Assoziierung. Wenn man nun noch über den blauen Farbton in der katholischen Kirche eine Brücke schlagen kann zu nachvollziehbaren und klaren Gedankengängen (dafür steht dieser Farbton in der Kirche), dann liegen weder persönlich noch religiös motivierte Antipathien vor bei mir. Das ist der europäische Gedanke, mein Gedanke, und dieser Gedanke orientiert sich an Maria. Maria ist die Brücke zur europäischen Wertegemeinschaft, und das transnationale Denken hat sich jetzt schon ausgezahlt. Die eigene Herkunft hat hier nur die Funktion eines einzelnen Bausteines für die Identitätsbildung. Mir selbst war dieser Europabezug in der Vergangenheit nicht bewusst, da das „Bindeglied“ Maria anfänglich manches bedecken und nicht entdecken ließ.  Die wertereichen Sachen gehören entwickelt und nicht beseitigt oder verunglimpft. Das will letzlich die Europäische Union, und diesen schlafenden Willen trug ich bereits in mir. Maria entzündete es. Das friedliche Miteinander unter den EU-Kernländern war zur Selbstverständlichkeit geworden, bedarf aber der Weiterentwicklung, um den Status quo zu erhalten. Der Frieden ist das Ergebnis eines Kampfes, eines immerwährenden Kampfes.

  • Quellenverzeichnis

* Das Bild kann unter https://de.wikipedia.org/wiki/Unbefleckte_Empf%C3%A4ngnis#/media/File:0_L%27Immacul%C3%A9e_Conception_-_P.P._Rubens_-_Prado_-_P1627_-_%282%29.JPG abgerufen werden.

** Das Bild kann unter https://de.wikipedia.org/wiki/Madonna_im_Rosenhag#/media/File:Stefan_Lochner_Madonna_im_Rosenhag.jpg abgerufen werden.

Das Interview mit Paul Lévy kann unter http://www.cvce.eu/obj/beitrag_von_paul_m_g_levy_zur_schaffung_der_europaischen_flagge-de-6d23210b-865d-4f02-b2ca-2c30b9ed0588.html abgerufen werden.

[1] Arsène Heitz, ehemaliger Bediensteter im Europarat, nahm ebenfalls für sich die Urheberschaft zur Motivwahl der Europaflagge in Anspruch. Beide Personen reichten in etwa zeitgleich ihre Entwürfe im Europarat ein. Letzte Unklarheiten konnten aber bis heute nicht beseitigt werden.

[2] Lévy äußerte sich in späterer Zeit zur symbolischen Bedeutung der himmelblauen Sternenflagge in einem Interview, das unter http://www.cvce.eu/obj/beitrag_von_paul_m_g_levy_zur_schaffung_der_europaischen_flagge-de-6d23210b-865d-4f02-b2ca-2c30b9ed0588.html abgerufen werden kann.