Archiv für den Monat: Dezember 2015

11. Schlussbetrachtungen zum Vogelherdstandortkandidaten Scheidingen

Wenn in Geschichtslegenden ein historischer Kern verankert ist, um den sich austauschbare Elemente in Abhängigkeit von der Zeit sammeln, dann ist die Vogelherdlegende immer noch eines der Aushängeschilder zur Wesensdemonstration dieser literarischen Zunft. Kommen die Ursprünge der Geschichtslegenden mit ihren handelnden Hauptakteuren aus einer Zeit, in der die Schriftkultur und die Neigung zur schriftlichen Fixierung von nachprüfbaren Ereignissen höchstens marginale Ausmaße heutiger Verhältnisse annehmen, dann sind für den Historiker Grenzen und Freiräume zugleich bei Schlussfolgerungen gegeben.

Die möglichen Aufenthaltsorte in der Finkenherdgeschichte – und mein Projekt bezieht nur die gängigsten Ortschaften ein – zeigen deutlich das Dilemma auf: Ohne Überreste passiert erst einmal nichts außer Verklärung, aber mit den Überresten ist die Rekonstruktion  auch begrenzt. Die Sickelsche Urkundensammlung liefert keine Rückschlüsse zum Aufenthalt des Sachsenherzogs Heinrich um die Jahreswende 918/919. Ostfälische Standorte wie Dinklar oder Quedlinburg sind vorzeigbare Kandidaten, ziehen aber ihre Legitimation entweder aus einer in Vergessenheit geratenen literarischen Ersterwähnung oder aus Verklärungen, die sich zum Gewohnheitsdenken manifestierten. Hier setzen die für eine historische Legende markanten Zusätze variantenreich und zeitgeistabhängig an, wohlwissend, dass die Förderer dieser nebelumhüllenden Geschichten eine sachliche Überprüfung von Kritikern nach aktuellem Wissensstand nicht als abschließende Bewertung interpretieren brauchen und fürchten müssen…den Freiräumen ist dann zugleich der Nährboden bereitet.

In diesem Argumentationsklima darf der Krumme Duike in der Scheidinger Flur nahe Werl zum Standortkandidaten heranwachsen und berechtigt mitspielen.

Die Liudolfinger hatten Stammbesitzungen in Westfalen, Graf Eckbert und seine Ida aus Herzfeld waren legendäre Ahnen, Mathilde brachte ihrem Mann über die westfälische Immedingerlinie zusätzlich Land und Einfluss, das castrum verzeichnete nach Meinung der führenden westfälischen Geschichtsschreiber (Seibertz, Hömberg) einen Aufstieg mit dem beginnenden 10. Jahrhundert…Heinrich und Werl waren eng miteinander verbunden. Lässt man den Historikerstreit mit Werlaburgdorf aus Niedersachsen außen vor, dann war Werl auch strategisch sinnvoll als Fliehburgzentrum im Kampf gegen die Ungarn.

Wie ist nun der Bodenfund an der Teichanlage in L-Form zu interpretieren? Gut, dass offenbar mit den wenigen Hinweisen in der Literatur ein Fund im vermuteten Gebiet schneller als gedacht zum Vorschein kam. Gegenwärtig und mit aktuellem Wissensstand muss er aber selbstkritisch in einer unausgearbeiteten Fassung verweilen. Das Prozedere bei Bodenfunden ist zu akzeptieren, vorweggenommene Thesen sind ohne ausführliche Begutachtungen schon fachwissenschaftlich unseriös. Die Ausläufer der abgesteckten Steinfundamente deuten auf eine größere Jagdhütte hin (Stand Dezember 2014: 11,70 m × 9,60 m bei Einbeziehung des quadratischen Plateaus) in exponierter Lage für die typische Vogelstellerumgebung: Ein Aufbewahrungsraum für Fangnetze und Käfige mit den Singvögeln, und ein anderer Raum beherbergt den Vogelsteller mit Zugleinen in seinen Händen, die durch schmale Wandscharten auf das Vogelfangareal zulaufen als Schließvorrichtung für die dortigen Netzwände, umgeben von zumindest in Teilen erhaltenen Gräben. Halt! Ohne die entsprechenden Bodenfundanalysen gibt es über diesen Zugang (noch) keine eigenmächtigen Interpretationen. Hilfreicher und auch seriöser ist da schon ein anderer Blickwinkel, um mit dem Vogelfangprojekt nicht „in der Klemme zu stecken“:

Aus einem konstruktiven Gespräch mit Stephan von Papen im November 2014 nahm ich noch an Vorhaben mit, dass eben über die weitere Suche nach Halterungsbecken für die Fischzucht und deren Analyse nach geologischen Gesichtspunkten (Bodenkerne, Erdaufwallungen) entlang dem Landwehrkanal sicher eine Zuarbeit über das ehemalige Wirtschaftsareal in der Scheidinger Flur lohnen würde. Das castrum oder Präsidium, die curtis regia und der  curtis dicta Aldehof ermöglichen einen indirekter Zugang zum Vogelfangplatz am Duike…damit ist dann aber auch der Weg in den Pfalzstandort Scheidingen eingeschlagen. Einiges kann noch anvisiert werden, damit der „Pechvogel umgarnt“ werden kann, um es mit dem Wortschatz aus der Vogelstellerei zu verdeutlichen. Als Beigabe lieferte das Gespräch mit von Papen noch die Information, dass die Bezeichnung Aldehof nach seinem Wissensstand unter Einbindung der mündlichen Überlieferung über die Generationen hinweg stets die Lage des alten Wirtschaftshofes widerspiegeln würde, der aber dann auch zuvor das Zentrum der wie auch immer gearteten Ansiedlung gewesen war. Richtig, denn auf der von mir verwendeten Flurkarte 1774-UR-02 lag der alte Hof knapp 150 m vom heutigen „alten Hof“ entfernt. Diese Ausmaße lassen zumindest das Präsidium gerechtfertigt erscheinen.

Die vereinzelten Steinbrocken deuten wiederum auf alte Mauerreste hin. Eine gegenwärtige Untersuchung ist jedoch nicht möglich, da diese Stellen landwirtschaftlich genutzt werden. Sie passen aber in ein Gesamtgefüge von verborgenen Überresten entlang des Mühlenbaches oder des Salzbaches abseits der alten Heerstraße/des alten Hellweges für einen ausgeprägten Wirtschaftshof (curtis regia?) oder eben ein Präsidium (der Sachsenkönige?).

Interessanter Nebeneffekt: Während der Literaturrecherche konnte ich die Neudatierung der Gemeinde Illingen auf 1220 aufzeigen über die Vogteirollen, und hier liegt sicherlich noch weiteres Verborgenes in der Flurstück- und Ortsnamenaufarbeitung.

Vogeirolle 1neu
Vogteirolle

 

Vogteirolle 26 001
Ilinchusen

Nach kurzer Recherche war es mir auch für das Wirtschaftsgut Koeningen gelungen, dass zum Mühlenkomplex zumindest neue Erkenntnisse eingebaut werden sollten. In einer Urkunde von 1430 wurde bereits eine Mühle erwähnt, obwohl sich bis heute das Jahr 1524 in der Literatur zu diesem Thema hält.[1]

mühle
Urkunde Lappen von Konynck Schlichtung mit der Stadt Werl Die Werler sollen das Wasserwieder zu der Lappen Mühle leiten. Arnsberg 1430 September 16 http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/dwud/a1/pdf/057/a1057232.pdf

Aktuell können bereits neue Steinfunde (Ende Dezember 2014) auf benachbarten Fluren zum Krummen Duike gemeldet werden, die für den Zugang über die curtis regia sprechen als indirekte Beweisführung zum Vogelherd (siehe Altehof). Aber auch hier gilt ein Halt, denn „wenn der Vogler am schönsten pfeift, ist ihm am wenigsten zu trauen“, daher gilt auch hier Zurückhaltung ohne ausführliche Analysen. Abwarten und schrittweises Konstruieren zu einer Gesamtbildlage sind die Wegrichtungen. Letztendlich muss man sich über diesen Zugang entlang dem Salzbachverlauf in der Scheidinger Flur oder der angegliederten Hellwegzone auf archäologische Bodenfundkonzentrationen einstellen. Professor Baales, der Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen, brachte das für den Werler Raum treffend und kommentarlos schon Ende Oktober 2014 zur Sprache:

„(…)´Auch in der Nachbarschaft bestätigen uns Funde an der Oberfläche, dass da bedeutsame Archäologie im Boden anzutreffen ist´, weiß Baales. ´Die Hellwegzone ist voll damit´, ergänzt er. Wobei es sich teilweise um stattliche Dimensionen handelt ´größere Dörfer mit zahlreichen Höfen´, schildert der Olper Fachmann. (…).“[2]

Zum Schluss gibt es eine Danksagung an die Mitarbeiter der LWL , die durch Mitarbeit und Hinweise ihren Beitrag zum Projekt leisteten. Nach Aussage von Dr. Cichy plant man sogar für den Sommer 2015 eine Ausgrabung eben an den Steinfundamentresten…man darf gespannt sein auf die Ergebnisse. Stephan von Papen gilt mein besonderer Dank, denn mit seiner uneingeschränkten Erlaubnis war mir der Zugang zu den Flurstücken jederzeit möglich. Herr Heinz Kiko, der mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Ich hoffe, dass er mich auch weiterhin unterstützt und wir noch einige interessante Dinge erforschen können.

[1] Vgl. hierzu http://www. westfalen-adelssitze.de / koeningen.html und http:// www.lwl.org/ westfaelische-geschichte/ dwud / a1/ pdf/ 057/ a1057232.pdf.

[2] Vgl. hierzu die Werler Ausgabe im Soester Anzeiger vom 30. Oktober 2014.

Anhang

  • Quellen und LiteraturBauer, Albert und Rau, Reinhold, Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, in: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Band VIII, Darmstadt 1971.Borgolte, Michael (Hrsg.), Mittelalterforschung nach der Wende, München 1995.Eisold, Norbert und Kühn, Peter, Quedlinburg, Rostock 2002.Giese, Wolfgang, Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft, Darmstadt 2008.Hömberg, Albert K., Westfälische Landesgeschichte, Münster 1967.
  • Folgende Titel können unter http:// www.dmgh.de / de / fs1 / object / display / bsb00000871_00311.html ? sortIndex = 010:050:0004:010:00:00&zoom = 0.75 in digitalisierter Fassung abgerufen werden:
  • Höhne, Heinz, Der Orden unter dem Totenkopf, Die Geschichte der SS, Augsburg 1995.
  • Franz, Günther, Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, Darmstadt 1974.
  • Diwald, Hellmut, Heinrich der Erste, Bergisch Gladbach 1987.
  • Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Bände 11-12, Dortmund 1902.
  • Althoff, Gerd, Inszenierte Herrschaft, Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter, Darmstadt 2003.
  • Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde (Hrsg.), Band 1:Die Urkunden Konrad I., Heinrich I. und Otto I., Hannover 1879-1884, S. 39-79.
  • Hirsch, Paulus (Hrsg.), Widukindi monachi corbeiensis, rerum gestarum saxonicarum libri tres, Hannover 1935, S. 58f.
  • Pertz, Georg Heinrich u. a. (Hrsg.), Annalista Saxo, in Scriptores (in Folio) 6: Chronica et annales aevi Salici, Hannover 1844, S. 594.
  • Pertz, Georg Heinrich u. a. (Hrsg.), Hrotsuithae Gesta Oddonis, in Scriptores (in Folio) 4: Annales, chronica et historiae aevi Carolini et Saxonici, Hannover 1841, S. 319.
  • Pertz, Georg Heinrich u. a. (Hrsg.), Sigeberti Gemblacensis chronica cum continuationibus, in Scriptores (in Folio) 6: Chronica et annales aevi Salici, Hannover 1844.
  • Pertz, Georg Heinrich u. a. (Hrsg.), Vita Bernwardi episcopi Hildesheimensis auctore Thangmaro, in Scriptores (in Folio) 4: Annales, chronica et historiae aevi Carolini et Saxonici, Hannover 1841, S. 754–782.Löns, Hermann, Sämtliche Werke, Band 1, Leipzig 1924.Mosen, Julius, Heinrich der Finkler, König der Deutschen: ein historisches Schauspiel in fünf Acten, Leipzig 1836.Petri, Franz, Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Nordrhein/Westfalen Band 3, Stuttgart 1970.Rösener, Werner (Hrsg.), Jagd und höfische Kultur im Mittelalter, Göttingen 1997.Rückert, Heinrich, Lohengrin, Zum Erstenmale kritisch herausgegeben und mit kritischen Anmerkungen versehen, Quedlinburg und Leipzig 1858.Schott, Clausdieter (Hrsg.), Eike von Repgow, Der Sachsenspiegel, Zürich 1991.Seibertz, Johann Suibert, Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westfalen, Erster Band, dritte Abtheilung, Geschichte des Landes und seiner Zustände, Dritter Theil, Arnsberg 1864.Vogl, Johann Nepomuk, Balladen und Romanzen, Wien 1835.Weiland, Ludwig (Hrsg.), Sächsische Weltchronik, Hannover 1877.Winkelmann, Eduard, Die Jahrbücher von Pöhlde, Berlin 1863.
  • Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, Band 21, 1861.
  • Werler Ausgabe im Soester Anzeiger vom 30. Oktober 2014.
  • v. Papen, Franz, Der Wahrheit eine Gasse, München 1952.
  • Viehweger, Wolfgang, Die Grafen von Westphalen, Münster 2003.
  • Schulze, Fritz, Heimatbuch der Gemeinde Flerke 1982.
  • Schoppmann, Hugo, Band 1, II. Teil, Die Flurnamen des Kreises Soest, Soest 1940.
  • Rübel, Karl, Die Franken, Bielefeld und Leipzig 1904.
  • Pröhle, Heinrich, Unterharzische Sagen, Wernigerode 1855.
  • Nachrichten von der Georg-Augusts-Universität und der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Göttingen 1856.
  • Mehler, Franz Josef, Geschichte der Stadt Werl, Werl 1891.
  • Lindner, Kurt, Geschichte des deutschen Weidwerks, Band II: Die Jagd im frühen Mittelalter, Berlin 1940.

10. Karte des Ptolemäus

Wenn man die Koordinaten von Ptolemäus einfach zeichnet, kommt völliger Unsinn heraus. Es wird die Interpretation von Reismann-Grone interessant, dass man vielleicht nur Koordinaten einer Reiseroute zueinander in Bezug setzen darf. Wenn jemand im Winter auf dem Hellweg vom Rhein nach Paderborn reiste und die Breitenangaben maß und ein anderer im Sommer an der Lippe entlang, kämen durch die unterschiedlichen Sonnenstände stark abweichende Werte für die zwei Routen zustande. Die einzelnen Raststationen aus einer Jahreszeit untereinander würden aber stimmen. Vielleicht wusste der viel näher am Äquator lebende Ptolemäus die Daten nicht umzurechnen und teilte sie daher in Klimata (=Sonnenstände) ein, die man nicht durcheinanderwerfen darf. Das bleibt aber alles Spekulation, solange man nicht möglichst alte Abschriften des Originalwerks von Ptolemäus vergleichen kann, die noch nicht interpretiert und verfälscht wurden. Überhaupt wäre wichtig zu wissen, ob damals die Koordinaten am Polarstern oder an der Sonne und dann zur Sommersonnenwende oder zur Wintersonnenwende gemessen wurden oder ob es eben zu einer Vermischung unterschiedlicher Messverfahren kam.

cfrvder


Die Geographie des Ptolemäus für Niederrhein – Westfalen

von Reismann – Grone

Fredebeul & Koenen AG, Essen 1938

im Vergleich zu

Jahn und die neuere Berliner Untersuchung

Reismann-Grone interpretiert die historischen Angaben nach praktischen Gesichtspunkten, wie sie für Händler und Militär relevant gewesen sein mögen, Jahn und die neuere Berliner Untersuchung stützen sich auf die mathematische Auswertung der Längen- und Breitenangaben. Mich persönlich überzeugt die Argumentation von Reismann-Grone, sie führt zu deutlich weniger Unstimmigkeiten, auch wenn sie auf den ersten Blick gewagt erscheint. Jahn hingegen erklärt die vielen aus seiner Interpretation resultierenden Ungereimtheiten mit Fehlern bei Ptolemäus. An dieser Stelle kann ich nicht glauben, dass ein antiker Gelehrter, der dabei war, sein Lebenswerk zu schaffen, nämlich die damals bekannte Welt zu erfassen, schludrig Orte einfach irgendwo in seine Karte eingetragen hat. Meines Erachtens widerlegt sich Jahn insofern mit seiner Karte auf Seite 33 von „Geschichte von Stadt und Stift Essen“ selbst. Derart viele ungenaue und verwechselte Ortsangaben hätte Ptolemäus nicht aufgezeichnet. Auf Seite 37 bemängelt Jahn außerdem die fehlende Verbindung zwischen „Arelatia“ und „Werl“. Muss es solch eine Verbindung im Wortstamm überhaupt geben? Folgt man Reismann-Grone, mag es für Reisende – seien es nun Händler oder Krieger – eine wichtige Information gewesen sein, dass man „are late“ (= am Sumpf, der durch die vielen Quellen und den Untergrund aus Mergel und Lösslehm entstand und erst durch Entwässerungsgräben (im Mittelalter?) trockengelegt wurde) eine Stelle zum Rasten finden konnte. Vielleicht hieß das Dorf lange Zeit aufgrund seiner Lage Arelatia, bis es (vielleicht erst nach Ptolemäus Tod) zunehmend militärische Wichtigkeit erlangte und sich der Wandel in seiner Bedeutung auch in der Veränderung des Namens niederschlug: Werlaha/Werlaon (= Wehrlager) [Topographisch-statistische Beschreibung der kaiserlichen freien Reichs-Stadt Goslar: zur Belehrung u. Unterhaltung für Leser aus allen Ständen von Sebastian Georg Friedrich Mund]. Auch andere Städte wurden umbenannt, je nachdem, wer an der Macht war und wie sich die Zeiten änderten, man denke nur an Byzanz/Konstantinopel/Istanbul. Zu dem angeblich zwischen Werl und Soest gelegenen Kalaigia/Kalisia findet man bei woerterbuchnetz.de: < Calegia  in der locativischen Form ‘Calegiae’ für Weimar1) [Ortsangabe in der Zeichnung G-s für das Studentenstammbuch Augusts] C-e ult Mart 1808 Corpus IV B,Nr262 ~ 263 1) Zur Diskussion um das Wort vgl WVulpius in JbGG17, 1931,120f, ferner M. Hecker in JbGG21, 1935,201f, der an Verschreibung für Caligae denkt, abermals Vulpius in GOETHE3, 1938,108f, der den Namen hier als eine alte Gattungsbezeichnung für versch Städte (Wittenberg, Helmstedt, Halle ua) angibt, ohne ihren genauen Inhalt bestimmen zu können.

Nach Pierer2 s v Galägia “Flecken der Cherusker, am Ende des Harzes, mit Salzquellen; jetzt Halle a. d. Saale”, s v Halle “wahrscheinlich der von Ptolemäos Kalägia genannte Ort”. ‘Calegiae’ scheint als Bezeichnung für Salinenorte od Orte der Salzlagerung, des Salzhandels denkbar. Hier vielleicht als Metapher für Weimar als Heimat, wo stets Salz als das alte Symbol der Hauszugehörigkeit bzw Gastfreundschaft bereitsteht. Maria Erxleben > Die Beziehung zum Salz scheint offensichtlich und würde hier in Verbindung mit der Lage genau zur Wüstung Rithem passen… Dies wäre wieder eine Ortsangabe des Ptolemäus, die mehr eine Eigenschaft oder praktische Bedeutung und weniger den heutigen Namen beschreibt.

Ich sehe hier den Stoff für weitere Arbeit, die den Gedanken von Reismann-Grone aufgreift und kritisch den Ansatz der Berliner Studie hinterfragt. Dafür ist eine intensive Beschäftigung mit dem Werk des Ptolemäus (Vergleich anderer Regionen mit heutiger Geographie) und anderer Quellen wie z.B. des auf Seite 31 zitierten „Itinerarium Antonini“ notwendig.

                                                       Fortsetzung folgt….