In Memoriam Franz Wilhelm Fickermann –
Zum 130jährigen Todestag
einer
Werler Legende
„Requiescat in pace, Du Sohn dieser Stadt“, hieß es am 21. Mai 1888 und in den darauf folgenden Tagen in der westfälischen Stadt Werl. Zur frühen Stunde an jenem besagten 21. Mai des Jahres 1888 verstarb der langjährige Bürgermeister Franz Wilhelm Fickermann nach kurzem Krankenlager durch einen Herzschlag im Kreise der Seinen. Nur wenig später in den frühen Morgenstunden nach dem Dahinscheiden der kommunalpolitischen Institution war es dem Magistrat und den Hinterbliebenen ein Wichtiges, den Nekrolog und
das Requiem für den 24. Mai 1888 noch mit dem Sterbetag publiziert zu haben. Nicht in der Saturierung der niederen Mitteilungsbedürftigkeit dieser Zeitnähe begründet, sondern der Respekt und die Ehrerbietung vor der Lebensleistung des seit 1857 amtierenden Bürgermeisters verpflichteten die Zeitgenossen, Weggefährten und Hinterbliebenen zu zeitnaher Kondolenz abseits jedweden Menetekels des Alltäglichen.
Es sind nun 130 kommunale Jahre in das Land gegangen, seit der oberste Ratsherr in Werl im – ob der drei Achten im Jahr – spöttisch formulierten Dreibrezeljahr 1888 verstarb, nur wenige Wochen nach dem Ableben des Hohenzollern Wilhelm I. im Dreikaiserjahr. Dilettantismus war dem Bürgermeister Fickermann nicht bescheinigt worden im kommunalen Tagesgeschäft, das insbesondere nach der Reichsgründung 1871 von hoher diplomatischer Empathie durchdrungen war. Die Honoratioren der Stadt und der Klerus mit ihren ausgeprägten Netzwerken in der damals inoffiziellen Wallfahrtsstadt Werl pflegten nur mit großer Reserviertheit Kippe zu machen mit dem Werler Liktoren des Bismarck´schen Kulturkampfes, als gerade in der Hochphase der Auseinandersetzungen zwischen dem Reichskanzler Bismarck und der katholischen Minderheit in den siebziger Jahren die polemische Kommunikationskultur wenig prätentiös erschien. Besonders während der Exekutionsphase des Klostergesetzes von 1875 ermöglichte Franz Wilhelm Fickermann mit konstruktivem Dialog die gravitätische Abwicklung der Kapuziner- und Franziskanertradition in Werl, wobei er bereits im Vorfeld dahingehende Ministerialerlasse der zuständigen Amtsregierung in Arnsberg durch Bürgermeister Fickermann umsichtig unter Wahrung des Stadtfriedens auf kommunaler Ebene umsetzte. Denken wir nur an das Verbot der Kollekte zu Beginn des Jahres 1875, als der Bürgermeister dem Guardian des Franziskanerordens die strafbare Relevanz der Fortführung der Kollekte mithilfe von sachlichen Diskurse und pietätsvollen Grundsatzentscheidungen so vermittelte, dass dieser Bruch mit der klerikalen Tradition nicht das politische Klima vergiftete.
Am 17. September 1881 wurde daher ohne Parlieren und in Abkehr jeglicher Magistratszwistigkeiten Franz Wilhelm Fickermann nach zwei zwölfjährigen Amtsperioden einstimmig auf Lebenszeit wiedergewählt. Die private und die öffentliche Person waren reputabel, standen nicht im Fokus der wie im Fetisch zelebrierenden Meinungsfacetten der Abgeordnetenfraktionen. In toto waren die kommunalpolitischen Aktivitäten des Franz Wilhelm Fickermann getragen von einer persönlichen Hingabe. Sein prinzipieller Arbeitseifer war in der Verankerung fanatisch frei von Restriktionen. Lediglich auf diesem Gebiet hätten sich einige Weggefährten eine selbstauferlegte Mäßigung des beliebten Ortsvorstehers erhofft, da gerade in den letzten Lebensmonaten Fickermann im kräftezehrenden Krankenstand ohne persönliche Zurückhaltung seiner Arbeit vollumfänglich nachging. „Magna cum laude!“, so hieß es auch in den Amtsstuben seiner Dienstvorgesetzten. Ob Arnsberg oder in persona der greise Kaiser Wilhelm I. als sein oberster Dienstherr, des sonst im obligatorischen Untertanenmodus operierenden wilhelminischen Behördenapparats standen Spalier angesichts des Fickermannschen Arbeitseifers. Die Verleihung des Kronenorden 4. Klasse und Roten Adlerordens an Franz Wilhelm Fickermann gehörten somit nicht in die unpersönliche Lamettabeigabe ehrenhalber für angehende Pensionäre, sondern waren demonstrative Zeugnisse einer politischen Lebensleistung. Diese elitären wilhelminischen Dankbarkeitsbekundungen symbolisierten noch einmal die Außenwirkung des Lobgepreisten.
Mit Leib und Seele war dieser Kommunalpolitiker seinem Amt verpflichtet, in dem er stets mit selbstloser Aufopferung die Frage nach der Notwendigkeit stellte für die Bedürfnisse der Werler Stadtbevölkerung. Persönliche Eitelkeiten, narzisstisches oder hämisches Gedankengut und Vetternwirtschaft waren ihm fremd. Ob jedoch Franz Wilhelm Fickermann über die Generationen hinweg als politisches Leitbild vereinnahmt werden kann oder die heutige Politikerkamarilla in Distanz zu diesem Urgestein stehen muss, bleibt der Deutungshoheit des Lesers überlassen und sollte in Abhängigkeit zu den jeweiligen Werten und Normen betrachtet werden. Ohne Zweifel gehört aber Fickermann zu den Werler Stadtvätern mit bleibendem Eindruck. Die Amtsberufung auf Lebenszeit ist der archimedische Punkt zur Charakterisierung dieses Mannes, der Stadtgeschichte schrieb. Ein eloquenter Charismatiker eben! Erst viel später sollte eine Nachfolgerin im Amt, Amalie Rohrer, erste Bürgermeisterin der Stadt Werl und Bundesverdienstkreuzträgerin am Bande, Fickermann in Eloquenz und Taktgefühl mindestens ebenbürtig sein. Das ist aber eine andere Werler Rathauspersonalie.
Abbildungsnachweis:
Abbildung 1: | StA Werl
Dienstregistratur Akte 42,1 |
Abbildung 2: | StA Werl Akte E 11 b Nr. 34 |
Abbildung 3: | StA Werl
Volksblatt Fickermann |
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