Das entsprechende Areal wurde von mir im Modell 1:48 nachgebaut. Das Zinnfigurenmuseum Goslar konnte mir auf Anfrage eine Modellwerkstatt in Dresden vermitteln, die sich auf historische Szenerien spezialisiert hatten , und die Figurenbauer konnten die für mich auch günstige Vogelfangszenerie mit der (fränkischen) Abordnung gekonnt umsetzen. Im Filmbeitrag ist es das zentrale Panorama und soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Auf Anregung von Frau Dr. Cichy hatte ich speziell für die Vogelfangnetze und die Vogelkäfiganordnung frühneuzeitliche Darstellungen zum Vogelfang übernommen, da aus frühmittelalterlichen Vogelfangszenerien keine bildlichen Darstellungen gesichert ableitbar sind…durchaus eine Kombination aus Fantasie, Unklarheit und Eigenmächtigkeit. Dieser Umstand ist aber klar der quellenarmen Zeitepoche zuzuordnen.
Innerhalb der Grünsandsteinausläufer im Erdreich finde ich Holzkohle. Ob es sich hierbei um eine Feuerstelle innerhalb eines Gebäudes handelte, konnte ich (noch) nicht feststellen. Es ist allerdings ziemlich naheliegend und übertragen auf die Vogelherdthematik: Heinrich hatte bestimmt nichts dagegen „des Winters Rauhigkeit meidend mit lustigen Knaben den Vögeln Schlingen“[1] zu legen mit Aufwärmmöglichkeiten in der entsprechenden Jagdhütte. Achja, die Spätherbst- oder Winterperiode stehen nicht im Widerspruch zum Vogelfang, denn Singvögel wie Finken oder Meisen sind auch in kälteren Monaten in diesen Breitengraden heimisch. Wie passend, geht es doch um Heinrich den Finkler, der sicherlich nicht nur 918/919 am Finkenherd ( = Vogelherd) saß.
Höhenmessungen mit ausgewählten Fixpunkten folgten zur Konstruktion eines anschaulichen Geländemodells. Die Schlauchwaage war hierfür gesetzt, konnte aber nur mit Unterstützung meiner Mutter verwendet werden. Das Höhenprofil und der Zeitaufwand rechneten sich aber nicht, und das Lasermessgerät kam nun zum Einsatz.
Die entsprechenden Höhenpunkte wurden in eine übliche Exel-Tabelle eingetragen, und das Programm Qtiplot lieferte nach Eingabe der Vermessungsdaten dann ein digitales Geländemodell mit den entdeckten Steinadern.
Die dünnen grünen Linien markieren den Steinfundamentverlauf nach dem Abstecken vor Ort
Um die Masse des Teichaushubes im Verhältnis zur Anhöhung am Teich auszurechnen, habe ich folgende Skizze erstellt:
Zur Verringerung von Messfehlern bei den wichtigsten Abstandsmessungen (u. a. 99,5 m lange Seite der L-Form und 44,2 m kurze Seite in der L-Form) verwendete ich abermals für das Lasermessgerät als Unterlage eine recht lange Wasserwaage mit einer Leiter für den guten Stand.
Meine Mutter hielt dabei mit einem weißen A4-Blatt den Laserpunkt am anderen Ende der Messstrecke sichtbar unter Beachtung der entsprechenden Standhöhen.
Ohne Bohrkerne sollte es auch in diesem Waldverschlag nicht gehen, aber an Ort und Stelle wurden Erfahrungswerte der vorangegangenen Wochen eingebaut. Meine Plastikrohre am kleinen Fischteichvertreter waren hilfreich gewesen, mehr nicht. Das T-Eisen hatte leidlich mit dem festen und verwurzelten Erdreich bei den Durchstößen zu den Steinadern Erfahrung gesammelt. Keine Frage, der Hohlmeißelbohrer war gefordert. Der sogenannte Pürckhauer fand an verschiedenen Stellen um die Steinfunde herum Anwendung einschließlich Teichboden und -rand.
Im Ergebnis fanden die für die Soester Börde typischen Bodenprofile Bestätigung: podsolierte Parabraunerde bis ca. 30cm Tiefe (dunkelbraun, Feinsand, viele Wurzeln, Pflanzenreste, Holz, homogen und nicht kalkhaltig, z. B. 51°58.0333 ; 7°94.9073) und anschließend Löss (lockerer, toniger, keine Wurzeln, fließender Übergang zu grau, Eisenkonkretionen nach unten zunehmend, z. B. 51°58.0370 ; 7°94.9581). Die Teichbodenbohrkerne entsprachen im Aufbau denen vom ersten Teich. Umsonst war dieser geologische Beitrag aber nicht, denn die Pürckhauerproben an den Teichenden (z. B. 51°58.0431 ; 7°94.8752) zeigten, dass es sich durch den ungestörten Boden am Ende der langen Seite der L-Form (spätestens nach 30cm auf Lössschicht) nicht um eine sonst wie geartete Gräfte handeln konnte, denn der angrenzende Zuflussgraben war auch in der Breite dafür zu schmal.
Am l-förmigen Teich konnte ich ebenfalls Scherben finden, die aber noch der genauen zeitlichen Einordnung bedürfen. Insgesamt waren die Funde in konzentrierter Form über ein größeres Areal verstreut. Weder alte Flurkarten noch mündliche Überlieferungen konnten aber Rückschlüsse zu den Überresten anbieten. Die Funde müssen von sehr alter mittelalterlicher Naur sein…es muss ja auch Richtung Frühmittelalter gehen.
Der grüne Sandstein war traditioneller Baustein in der Soester Börde und wurde vielerorts aus umliegenden Steinbrüchen verarbeitet. Geologisch zum glaukonitischen Sandmergelstein aus dem Oberkreideerdzeitalter zugehörig, findet man diesen Baustoff zwischen hellgrauem Kalk und dem Kalkmergelstein.[1] Der nächstgelegene Steinbruch zum Steinfundort liegt nahe der Gemeinde Westönnen. Ich konnte persönlich den dort anstehenden Grünsandstein in Begutachtung nehmen und eine auffällige Ähnlichkeit mit den Steinfundamentmauern am Krummen Duike beobachten.
Diese Beobachtung konnte ich für den Steinfund am Fuchsbau ebenfalls vorweisen, aber die ähnlich aussehenden Grünsandsteinschichten lagen hier 1000 m entfernt zum Steinbruch mitten in Westönnen.
Ob es sich in beiden Fällen um Identitäten handelte, konnte ich mit meinen Methoden nicht ermitteln. Zumindest bewegte ich mich auf der Zeitleiste in die entsprechende Richtung, denn weder auf den bekannten Flurkarten noch in der mündlichen Überlieferung derer von Papen-Koeningen war etwas bekannt von Gebäuden auf den vorgenannten Fluren. Waren es Vorboten einer spätkarolingischen Bewirtschaftung? Wie treffend, gab es doch den Überlieferungen nach eine alte Frankenmühle[2] als Bestandteil eines Königshofes Werl, und Stephan von Papen lieferte ebenfalls Informationen zu Resten einer alten Mühle auf dem heutigen Wirtschaftshof.
Der Spaten war zwar in der Ruhephase, aber das T-Eisen blieb griffbereit. Ich hatte trotz Spatenstillstandes noch einen Handlungsspielraum.
Zunächst stach ich entlang der Steinfundstelle in alle Richtungen ab, um den weiteren Verlauf der Steinfundamente verfolgen zu können. Bei jedem Aufschlag markierte ich die entsprechende Stelle mit einem an der Spitze weißen Holzstab. Der zugehörige Steinaderverlauf ergab sich dann schrittweise über den Holzstabverlauf. Wenn man so will, waren die Holzstäbe der bildliche Ersatz für die Steinfundamente…eben ohne Ausgrabung.
Die Entfernungen wurden unter Einsatz eines selbstgebauten Holzgeodreiecks ermittelt, damit einigermaßen Orthogonalität bei der Abstandsmessung gewährleistet werden konnte…hölzern und einfach natürlich.
Ausgangspunkt für die Vermessung war der untenstehende Fixpunkt mit den entsprechenden GPS-Koordinaten. Markante Stellen im Gelände und Bohrkernstandorte (BKS) waren ebenfalls Richtpunkte zur Abstandsbestimmung.
Entfernungen messen etc.
Fixpunkt: 51,34.822 ; 7,56.952
Fixpunkt (Fix) bis Anfang des krummen Duike
Fortsetzung folgt…
[1] Vgl. hierzu die geologische Karte von NRW 1:100000 C4710, Dortmund, 2. Auflage, gefaltet mit Erläuterung, abrufbar unter http://www.gd.de/g_details.php?id=38
[2] Vgl. hierzu Rübel, Karl, Die Franken, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 21.
Der Fund am l-förmigen (Fisch-)Teich war erst einmal notierungswürdig und auf der Fundpunktekarte der LWL-Archäologie Olpe auch schon notiert (schwarzes Kreuz).
Anfang September 2014 gab es dann diese Zusammenkunft mit Dr. Cichy in Begleitung einer Mitarbeiterin. Die durchgeführte Probeausgrabung vor Ort ergab denn auch im Ergebnis der Erstanalyse sehr alte Steinfundamentmauern aus teilweise rechteckig zugerichteten Grünsandsteinblöcken, die im freigelegten Bereich (eine Länge von um die 70 cm) eine Breite von bis zu 35 cm aufzeigten. Die Ergebnisse fanden ihren berechtigten Platz in der Fundpunktverwaltung, ausgestellt von Dr. Cichy.
Fundumstände: Fundmeldung von Samantha Seithe, daraufhin kleine Sondage mit Cichy und Grunwald; Wissenschaftlicher Bearbeiter: Dr. Eva Cichy
Ansprache: Fundament, Bruchstein, Br. 30-35 cm, L. freigelegt ca. 0,70 m, unvermörteltes Fundament aus teilweise rechteckig zugerichteten Grünsandsteinblöcken,Tiefe nicht vollständig erfasst, jedoch über 0,2 m noch in den Boden reichend, 0,35 m unter OK: 0,12 m humoser Oberboden, darunter mittelbrauner Schluff mit sehr wenig Holzkohleflitter und sehr wenig Keramik, Fundament in O-W-Richtung verlaufend. Von u-förmig angelegtem Teich umgeben. LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, In der Wüste 4, 57462 Olpe, Tel.: 02761 9375-0
Finder: Dr. Eva Cichy; Fundzeit: 04.09.2014; Fundmelder: Dr. Eva Cichy Fundumstände: Beim Anlegen der Sondage; Fundverbleib: LWL-Archäologie für Westfalen; Wissenschaftlicher Bearbeiter: Dr. Eva Cichy; Ansprache: RS mit dachförmig abgestrichenem Randabschluss, gelbe Irdenware mit grüner Bleiglasur, nach 1500; LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, In der Wüste 4, 57462 Olpe, Tel.: 02761 9375-0
Kurz durch das Dickicht, schon stand ich am L-Teich mit offenkundigen Aufwallungen an den Rändern versehen, weitgehend ausgetrocknet, an einzelnen Stellen eben mit diesen Fuchsbauten am Teichrand versehen und umringt von Buchen, Eschen, Pappeln oder Efeubewuchs.
Die Bäume selbst brachten keine weitere Erkenntnis, da gemessen am Baumumfang in einem Meter Höhe das Alter der Bäume nicht 150 Jahre überschritt (Faustformel für das Baumalter: Baumumfang × Altersfaktor je Baumart) …schlichtweg ein uninteressanter Punkt auf der Zeitleiste mit 1000 Jahren Abstand zum Interessenobjekt.
An einem der Fuchsbauteneingänge fand ich dann versteckt grünsandsteinähnlichen Gesteinsbrocken. Der Start begann ja vielversprechend. Ich musste mir auch hier nichts vormachen, denn ohne Bodenfund wären bei aller Argumentation der etwas unterschätzte Standortkandidat Pöhlde aus Niedersachsen mit dem Burgwall „König Heinrichs Vogelherd“ oder die Finkengasse im sachsen-anhaltinischen Quedlinburg in der „Rangliste“ der möglichen Aufenthaltsorte nicht einzuholen.[1]
Das altgediente Stecheisen spielte zunächst die Hauptrolle im Waldverschlag. Die Bodenverhältnisse kamen mir entgegen, und so konnte das Abstechen zügig umgesetzt werden.
Ob Zufall oder nicht, bereits nach wenigen Bewegungen mit dem Metalldetektor und anschließenden Probedurchstößen mit dem T-Eisen traf ich auf eine Steinansammlung inklusive roter Tonscherbe (möglich aus Überresten von Dachpfannen, die auch im Mittelalter als Baustoff Verwendung fanden, siehe Abbildung 10 unten) mit den GPS-Daten 51°34.824`N und 7°56.971`O.
Die Freude war etwas reserviert, denn nähere Informationen konnten nur durch nähere Begutachtungen erfolgen, und die Spielregeln bei begründeten Verdachtsfällen auf Bodenfunde waren mir aus vergangenen Archäologieprojekten bekannt: Der Spaten musste ruhen, die Außenstelle Olpe LWL-Archäologie in Westfalen wurde informiert und ein Besichtigungs- und Erstinspektionstermin unter zuständiger Aufsicht anvisiert.
Fortsetzung folgt…
[1] Vgl. hierzu die Broschüre des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes (Hrsg.), Pöhlde – Pfalz, Kloster und „König Heinrichs Vogelherd“, Hannover 1994. Es handelt sich deshalb um einen interessanten Kandidaten, da Teile der ausgegrabenen Fundamente in das 10. Jahrhundert datiert sind. Hinweis: Der klassische Standort Quedlinburg steht bei der Verortung nicht günstiger da. Quedlinburg selbst wird dem Namen nach 922 erstmals erwähnt ( „…; actum in villa quae dicitur Quitilingaburg;…“; vgl. hierzu Anmerkung 12, S. 42 ). Zugegeben, die namentliche Ersterwähnung ist verlockend, die Harzstadt muss aber als Dinklarersatz betrachtet werden, da Quedlinburg im Mittelalter nicht in Verbindung stand zum Vogelherd. Möglicherweise waren die Anmerkungen des Chronisten Sigebert von Gembloux später willkommener Bestandteil in Sammlungen zu Harzsagen, und damit gab es eine ausschmückende Verwurzelung mit dem Vogelherdstandort, obwohl der Tod Heinrichs 936 dort Ausgangspunkt war. Vgl. hierzu Pröhle, Heinrich, Unterharzische Sagen, Wernigerode 1855, S. 18. Manche Regionalliteratur der letzten Jahre verneint sogar den eigenen Standort in Quedlinburg. Vgl. hierzu Eisold, Norbert und Kühn, Peter, Quedlinburg, Rostock 2002, S. 7. Die Verklärungen der Romanciers im 19. Jahrhundert und der Heinrichskult bei den Nationalsozialisten stellen für die Aufklärung eine Bürde dar.
Klar, dass ich bei der Auskundschaftung der schon mehrfach genannten Flurstücke 46., 65. und 97. wenig überrascht war vom Anblick trockengelegter und offenbar in Vergessenheit geratener Teiche in kleinen Waldverschlägen entlang dem Krummen Duike bis zu den Ausläufern des Stuiwenkamp. Richtig, es gab nicht nur den auf der Flurkarte 1792-UR-18 in L-Form angelegten Teich, sondern den etwa 75 Meter davon entfernten „kleinen Vertreter“ mitten im Krummen Duike, flankiert von zwei zulaufenden Gräben.
Der mit Stecheisen und Metalldetektor bearbeitete Teichrand brachte keine verwertbaren Erkenntnisse zum Vorschein.
Vier Bohrkerne im Umfeld dieses Teiches brachten keinen Mehrwert. Lediglich die Entnahme und Auswertung eines Bohrkernes von 45 Zentimetern Tiefe am Teichboden war dahingehend interessant, dass kleine Muschelbruchstücke (weitgehend erst ab 17 cm Tiefe) in der siltigen und geruchlosen Schicht (9 cm bis 18 cm) unterhalb der modrigen und humushaltigen Ablagerungen (Teichboden bis 9 cm Tiefe) vorkamen.
Im Nachtrag muss natürlich noch Erwähnung finden, dass Stephan von Papen mir im Vorfeld freie Bahn bei den Untersuchungen zusicherte. Das war ein nicht selbstverständliches Entgegenkommen. Die Holzstückchen (19 cm bis 20 cm), die Eisenkonkretionen und der Löss-Lehm (26 cm bis 45 cm) konnten von mir jedoch ohne adäquate Altersbestimmung nicht in die Auswertung gebracht werden. Muscheln sprachen aber für Fische, und die Fische für die Fischteiche…passend zu den „Fischteich-Wiesen“.
Bevor es zum Teich mit der auffallenden L-Form ging, hatte ich zur Vollständigkeit noch die zwischen den Teichen liegende Ackerfläche (Randgebiete der Flurstücke 65. und 97.) nach Überresten abgesucht in den darauffolgenden Tagen. Kleiner Spaten, Handschuhe, Handfeger, Pinsel, Plastiktüten, der Metalldetektor und ein GPS-Gerät zur möglichen Fundstellendokumentation lagen im Archäologiekoffer griffbereit.
In der rechtsstehenden Abbildung liegt gerade ein Bohrkern zur Entnahme bereit aus dem kleinen Teich am „Krummen Duike“. Die Verwertung war aber – wie bereits erwähnt – nur hinsichtlich der Muschelreste interessant. Weitere Bohr- und Ausgrabungsaktionen am kleinen Teich blieben erfolglos oder waren nicht zwingend aussagekräftig. Eine klare Enttäuschung, aber…
Der Metalldetektor schlug zwar desöfteren an, aber Fehlausschläge oder metallische Belanglosigkeiten strapazierten die Geduld ungemein.
Mein treudienendes Stecheisen hatte zwar nicht ausgedient, aber auch hier „ging der Vogel nicht ins Netz“. War ich mit meiner rechteckigen Parzellierung der aufschließenden Ackerfläche dem Vogelsteller „auf den Leim gegangen“, um es mit der typischen Vogelstellersprache zu verbildlichen? Ich konnte mich hier selbst beruhigen, denn meine rechteckigen Parzellen von knapp 200 Quadratmetern waren mit Bindfäden und Holzpflöcken sauber abgesteckt worden, innerhalb der Parzellen wurde Diagonalen mit Bindfäden gezogen, und im Abstand von etwa 20 cm entlang diesen Bindfäden systematisch abgesteckt. Der Metalldetektor kam dabei überwiegend in den Dreiecksflächen zum Einsatz. Wenn größere Objekte aus vergangenen Tagen dort gelegen hätten, wären sie beim Abstecken zum Vorschein gekommen. Immerhin gab es einige Scherbenfunde zu vermelden, die später von der Außenstelle Olpe LWL-Archäologie in Westfalen in die mittelalterlich-frühneuzeitliche Epoche datiert wurden.
Gut, jeden Quadratzentimeter Ackerboden konnte ich so natürlich nicht durchsuchen, aber das eigentliche Anziehungsobjekt der Untersuchung lag ja im angrenzenden Waldverschlag.
Hatten hier Füchse, die ich bei meinen Stecheisenaktionen unregelmäßig beobachten konnte, und die mich vermutlich ebenso wahrnahmen, nicht etwas aus meiner Erinnerung gerufen? Ja, denn in einem vorab geführten Telefongespräch mit einem Familienmitglied derer von Papen-Koeningen kam man auch auf die zahlreichen Fuchsbauten am Krummen Duike nahe dem Stuiwenkamp zu sprechen.
Aus den Flurbezeichnungen des Vermessungsrates Hugo Schoppmann entnommen, liefert das Flurstück Am Krummen Duike den Hinweis auf den Vogelherd.[1]
Das Übereinanderlegen von Karten sichert Mindestmaß an Genauigkeit und Verwertbarkeit dieser Flurkarte. Die Flurkarte von Schoppmann passt dabei zur Flurkarte 1792-UR-18 aus dem Katasteramt Soest.
Das Flurstück Am Krummen Duike befindet sich westlich von Haus Koeningen in direkter Nachbarschaft zum heute weitgehend ausgerodeten Gehölz namens Stuiwenkamp oder Stufenkam und mit Ausläufern in den Müllers Kuhkamp.
Nach Rücksprache mit Dr. Kreucher vom Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen kann der winkelförmig angelegte Teich zwischen den Fluren 65. und 97. als Gräfte interpretiert werden. Interessant ist, dass nach Blick in das Güterverzeichnis für zumindest Teile der Flur 97. „Fischteich-Wiesen“ angegeben sind.[2] Ob die Flur Am Krummen Duike nun als Standortkomplex anzusehen ist oder auf einen Fixpunkt hinarbeitet, kann so noch nicht gesagt werden…weitere Informationen und Blickwinkel müssen nun folgen.
Zunächst gibt es den Exkurs in die Quellenselbstkritik, um das notwendige Übel der ausgewogenen Argumentation im Bemühen zu realisieren:
Die westfälische Variante des Vogelherdes beschränkt sich bisher nur auf einen vagen und wenig in der Literatur formulierten Standorthinweis.
Schoppmann (1940) und Schulze (1982) sprechen von Vogelherdaktivitäten Am Krummen Duike. schreibt Schoppmann noch ohne zeitlichen Bezug zum Vogelherd ( „…soll früher an dieser Stelle [Anmerkung: Am Krummen Duike] nahe dem alten ´Haus Köningen´, das ehemals sächsisches Königsgut war, ein Vogelherd gestanden haben, wo der Vogelfang betrieben wurde.“[3] ), erfolgt bei Schulze der Bezug auf Heinrich, durch die sächsische Königsgutvergangenheit bedingt:
„Eine Flurbezeichnung in der Feldmark Scheidingen ´Am krummen Duike´. Hier soll ein Vogelherd gestanden haben. (…), dass König Heinrich dort den Vogelfang betrieben hat, wenn er in Haus Köningen zu Besuch weilte.“[4]
Die Varianten sind facettenreich, berücksichtigt man noch die Aussagen in den Erinnerungen bei Franz von Papen (1952)[5], reicht die Interpretation vom Sachsenherzog Heinrich 918/919 über den König bis zur zeitlich unbestimmten Vogelherdaktivität.
Gut möglich, dass diese Abweichungen nicht bei den Verklärungen der Romanciers zu suchen, sondern im Geschichtsbewusstsein der Nationalsozialisten zu finden sind. König Heinrich regiert nicht nur von 919 bis 936, sondern auch in der Gestalt des Reichsführers SS Heinrich Himmler. Der übersteigerte Umgang des Reichsführers mit den Anfängen der Deutschen verbietet schon in Ansätzen ein Konkurrenzbild zur mystischen Heinrichsfeier in Quedlinburg unter selbstverständlicher
Vereinnahmung des legendären Vogelherdplatzes.[6] In diesem Klima bewegen sich Schoppmann und v. Papen, wobei der Letztgenannte nach 1945 auch mit persönlichen Ablehnungen durch die Entnazifizierungsdebatte und (Mit-)Täterfrage zu kämpfen hat…keine guten Voraussetzungen für die Etablierung eines westfälischen Vogelherdstandortes im Vorfeld der Königswahl vom Mai 919 in Fritzlar.
2. Die urkundliche Erwähnung von Haus Koeningen ist wenig hilfreich, da die ersten Erwähnungen aus dem 14. Jahrhundert stammen. Hilfreicher sind hier Überlegungen zur Pfalzstadt Werl, aber der Historikerstreit mit dem „Werla“ nördlich von Goslar schwebt im Hintergrund. Ein Anfang muss trotzdem gesetzt werden, und der Liudolfinger Heinrich hat nicht die schlechtesten Argumente. Nach dem westfälischem Geschichtsschreiber Johann Dietrich von Steinen flüchtet Heinrich 924 vor den Hunnen in die befestigte Burg Werl (civitas regia), die nach dem Geschichtsschreiber Johann Suibert Seibertz aus einem castrum der sächsischen Herzöge entspringt.[7] Diese Argumentation ist sinnvoll, da in der Geschichtswissenschaft ohnehin die Gründung einer Wehrburg am Hellweg in das beginnende 10. Jahrhundert gelegt wird im Rahmen der Abwehr feindlicher Ungarneinfälle und zum Schutz/zur Kontrolle der Salzquellen am Salzbach.[8]
Ob es sich bei Werl nach dem griechischen Kartographen Ptolemäus um das antike Arelatia handelt, wissen wir nicht, zeigt aber unabhängig von der Gründungsansiedlung die Existenz dieser Feste. Anmerkungen im Anhang. Das entscheidende Argument sind aber die Stammbesitzungen der Liudolfinger, zu denen eben auch Werl gehört. Dass die sächsischen Kaiser Reichstage im westlichen Westfalen abhalten, liegt im Wesentlichen in der Existenz von Stammbesitzungen und den damit auf Hausmacht ausgeübten Aufenthalten begründet.
Seine Vorfahren aus Herzfeld und die zweite Frau Mathilde tragen mit ihren landkräftigen Argumenten sicher auch zur regelmäßigen Präsenz des Herzogs bei. Heinrich ist im Werler Raum, und die Literatur erwähnt einen regelmäßigen Aufenthalt auf der curtis regia.[9]
Die schriftlichen Quellen liefern zum konkreten Aufenthalt Heinrichs oder zur Lage der curtis regia nichts, aber in einer Literatur sind königliche Besitzungen nördlich von Werl angesiedelt ( „…liegt nördlich vom Hellwege bei Werlaha…“[10] ). Kann man Franz von Papen Glauben schenken, dann liegen diese Gebiete als Teil des „Regum domus“ im Einzugsgebiet des Rittergutes Koeningen, auch villa ducalis oder königlicher Meierhof genannt.[11]
3. Die nebenstehende Flurkarte vom Tim-online.de zeigt noch einmal die geographische Nähe von Haus Koeningen zum Rhedum.
4. Kann man darüber hinaus dem Handbuch der historischen Stätten Deutschlands Glauben schenken, dann scheint die Werler Burganlage mit der curtis dicta Aldehof in Verbindung zu stehen, altem gräflichen Besitz.[12]
5. Franz Josef Mehler zählt übrigens den Aldehof zu den äußeren Pfarrbezirken der Stadt Werl.[13] Die weitere Argumentation erfolgt unter Verwendung der Kartographie.
Die Reichsgut- und Wegenetzkarte für Westfalen im 9./10. Jahrhundert aus der Feder von Albert K. Hömberg in Kombination mit Google Maps lässt deutlich erkennen, dass nördlich von Werl ein Haupthof in der Scheidinger Gemarkung existiert, erreichbar über eine Nebenstraße des Hellweges (sogenannte Königsstraße)…ein Standortkomplex auf dem heutigen Wirtschaftsgelände von Haus Koeningen.[14]
Auffallend ist das Ergebnis nach der Kartenübereinanderlegung der Reichsgutkarte mit Google Maps. Es passt schon gut.
Ob es sich tatsächlich um das Präsidium des Sachsenherzogs Heinrich handelt, wissen wir ohne archäologische Untersuchungen nicht, passt aber zum Aldehof, zumal auf der untenstehenden Flurkarte vom Katasteramt Soest mit der Bezeichnung 1774-UR-02 wiederum in Kombination mit Google Maps auch die zugehörige Flurbezeichnung alter Hof nördlich von Haus Köningen markiert ist. Zufall oder nicht, es passt in das Gesamtbild. Auffallend, dass auf dieser Flurkarte ebenfalls der vielsagende Begriff Borg notiert ist.
Sind die Flurbezeichnungen und Haus Koeningen Überreste der curtis regia und damit Voraussetzungen für den Vogelherd? Die Suche muss nun vor Ort fortgesetzt werden.
Zugegeben, die Fischteiche sind ein gutes Argument für einen (königlichen) Wirtschaftshof. Heinrich ist Zeitgenosse der spätkarolingischen Ära, hier orientiert man sich in unterschiedlicher Ausprägung an der Capitulare de villis, einer Art Wirtschaftsanleitung für königliche Landgüter in der späten Karolingerzeit.[15] Fischspeisen sind Fastenspeisen, und der Adel wird sich diesem ernährungstechnischen Statussymbol gerade im steigenden Klerikalismus des Frühmittelalters nicht entziehen können. Die Anlegung von künstlichen Teichen ist im Binnenland zur Eigenfischversorgung nur folgerichtig, selbst in den Salzbachverzweigungen im Werler Norden dienen sie als Aufbewahrungsbecken. Vielmehr bleibt bei aller Bodenständigkeit Heinrichs dem (Werler) Burggrafen oder den Verwaltungsleuten vor Ort nicht übrig, da nach dem schriftlich fixierten Gewohnheitsrecht im Sachsenspiegel fließendes Gewässer für den gemeinen Bürger zugänglich ist, die Fischerei in ausgegrabenen Teichen hingegen unverhältnismäßig mit finanzieller Belastung bestraft wird…mittelalterliche Ständeausrichtung selbst im Fischereibetrieb.[16] Die Aussage von Dr. Kreucher ist da nur ein weiterer Baustein. Nun aber zum Vogelherd zurück, mit einigen Passagen aus dem Junggesellenlied des Naturdichters und Jägers Hermann Löns gesprochen und Verbindung geknüpft:
[1] Vgl. hierzu Schoppmann, Hugo, Band 1, II. Teil, Die Flurnamen des Kreises Soest, Soest 1940, S. 161ff.
[2] Die Informationen ergaben sich aus dem Emailkontakt mit Dr. Kreucher, bezüglich meiner Anfrage zur Flurkartennummer 1792-UR-18.
[3] Vgl. hierzu Schoppmann, Hugo (Anmerkung 22), S. 165.
[4] Vgl. hierzu Schulze, Fritz, Heimatbuch der Gemeinde Flerke 1982, S. 72.
[5] Vgl. hierzu v. Papen, Franz, Der Wahrheit eine Gasse, München 1952, S. 14.
[6] Vgl. zum Geschichtsbild Himmlers die Aussagen in Höhne, Heinz, Der Orden unter dem Totenkopf, Die Geschichte der SS, Augsburg 1995, S. 145.
[7] Vgl. hierzu Mehler, Franz Josef, Geschichte der Stadt Werl, Werl 1891, S. 27f. und Seibertz, Johann Suibert, Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westfalen, Erster Band, dritte Abtheilung, Geschichte des Landes und seiner Zustände, Dritter Theil, Arnsberg 1864, S. 172.
[8] Vgl. hierzu Viehweger, Wolfgang, Die Grafen von Westphalen, Münster 2003, S. 71ff.
[9] Vgl. hierzu Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, Band 21, 1861, S. 222.
[10] Vgl. hierzu Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Bände 11-12, Dortmund 1902, S. 237.
[11] Vgl. hierzu Mehler, Franz Josef (Anmerkung 27), S. 31.
[12] Vgl. hierzu Petri, Franz, Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Nordrhein/Westfalen Band 3, Stuttgart 1970, S. 768.
[13] Vgl. hierzu Mehler, Franz Josef (Anmerkung 31), S. 53.
[14] Vgl. hierzu Hömberg, Albert K., Westfälische Landesgeschichte, Münster 1967, Kartenmaterial und S.58ff.
[15] Vgl. zur Capitulare de villis Franz, Günther, Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, Darmstadt 1974, S. 45.
[16] Vgl. hierzu Schott, Clausdieter (Hrsg.), Eike von Repgow, Der Sachsenspiegel, Zürich 1991, S. 120.
[17] Vgl. hierzu Löns, Hermann, Sämtliche Werke, Band 1, Leipzig 1924, S. 364.
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